Überbrückungshilfe III für Kleinstunternehmen, Soloselbständige und Freiberufler

Download: Corona-Hilfen Rundschreiben vom 03.02.2021

Sehr geehrte Damen und Herren,

am 13. Dezember 2020 beschloss die Ministerpräsidentenkonferenz einen umfangreichen Lockdown und gleichzeitig wurde vereinbart, kleine und mittelständische Unternehmen sowie Soloselbstständige und Freiberufler für die Monate November 2020 bis Juni 2021 mit Zuschüssen zu den betrieblichen Fixkosten zu unterstützen. Nun mehr konkretisierte das Bundesministerium der Finanzen die Voraussetzungen für die Überbrückungshilfe III. Sie kann seit dem 10. Februar 2021 beantragt werden. Wie für die Überbrückungshilfen I und II können den Antrag nicht Sie selbst stellen. Der Antrag kann unter anderem von uns, Ihrem Steuerberater gestellt werden. Dabei sind die Anträge auf einer zentralen Antragsplattform im Onlineverfahren zu stellen.

Die Beantragung der Überbrückungshilfe III ist zwar auch an strenge Voraussetzungen geknüpft, jedoch wurden die Zugangsbedingungen gegenüber den Überbrückungshilfen I und II wesentlich vereinfacht und die Förderung ausgeweitet. Wir haben Ihnen die wesentlichen Punkte aufgelistet, damit Sie selbst schon vorab prüfen können, ob Überbrückungshilfe III für Sie überhaupt infrage kommt.

Voraussetzungen für die Antragsberechtigung

Kleines oder mittelständisches Unternehmen mit Umsatzerlöse ≤ 750 Mio. Euro in Deutschland

Höhe der Überbrückungshilfe

In welcher Höhe Überbrückungshilfe gezahlt wird, hängt vom Umsatzeinbruch und den anfallenden Fixkosten in jedem einzelnen der acht Fördermonate November 2020 bis Juni 2021 ab. Liegt der Umsatzeinbruch in einem Fördermonat gegenüber dem Referenzmonat unter 30 %, wird für diesen Fördermonat keine Überbrückungshilfe gezahlt. Eine Ausnahme gilt für Unternehmen, die für die Monate November und Dezember 2020 bereits November- und/oder Dezemberhilfe erhalten haben. Sie können für diese beiden Monate keine Überbrückungshilfe III beantragen.

Die Überbrückungshilfe erstattet einen Anteil in Höhe von

Die Überbrückungshilfe beträgt pro Monat maximal 1.500.000 Euro. Der Förderzuschuss wird im Rahmen der Bundesregelung Kleinbeihilfe 2020 zuzüglich De-minimis oder wahlweise im Rahmen der Bundesregelung Fixkosten 2020 gewährt.

Zu den förderfähigen Fixkosten gehören wie in den Vorgängerprogrammen insbesondere Mieten und Pachten, Grundsteuern, Versicherungen und Abonnements. Neu hinzugekommen sind Abschreibungen auf das Anlagevermögen bis 50 % und bauliche Maßnahmen zur Umsetzung von Hygienekonzepten sowie Marketing- und Werbekosten. Aber auch Aufwendungen für den Aufbau und die Erweiterung eines Online-Shops können einmalig bis zu 20.000 Euro gefördert werden. Zudem gibt es branchenspezifische Förderungen. Einzelhandelsunternehmen können Abschreibungen für verderbliche Ware und für Saisonware der Wintersaison 2020/2021 in Ansatz bringen, die Reisebranche soll besser gefördert werden. Hierfür sind weitere Hinweise und Informationen durch das Bundesfinanzministerium in Aussicht gestellt.

Neustarthilfe

Die Möglichkeit der Erstattung der Fixkosten wird um die sogenannte „Neustarthilfe“, ergänzt.

Das bedeutet Soloselbständige, bei denen keine hohen Fixkosten anfallen (Selbstständige Fitnesstrainer in Studios, Models etc.), aber dennoch hohe Umsatzeinbußen verzeichnet werden, erhalten einmalig 50% ihres Umsatzes im Vergleichszeitraum Dezember 2020 bis Juli 2021, maximal aber 7.500 €. Voraussetzung ist, dass für diesen Zeitraum der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um mindestens 50% eingebrochen ist.

Antragsberechtigt sind alle Soloselbständige, die mindestens 51% ihres Einkommens aus der selbstständigen Tätigkeit beziehen.

Dabei wird die Neustarthilfe nicht auf Leistungen der Grundsicherung angerechnet.

Schlussabrechnung

Auch bei der Überbrückungshilfe III erfolgt eine Schlussabrechnung, in welcher der tatsächlich entstandene Umsatzrückgang in den Bezugsmonaten, der tatsächlich erzielte Umsatz im jeweiligen Fördermonat im Vergleich zum Referenzmonat und die Höhe der tatsächlich entstandenen Fixkosten nachzuweisen ist.

Voraussichtlich besteht auch bei der Überbrückungshilfe III im Rahmen der Schlussrechnung nicht nur eine Rückforderungsverpflichtung für zu viel erhaltene Überbrückungshilfe, sondern auch eine Nachschusspflicht seitens des Bundes.

Weitere Informationen zum Programm „Corona-Überbrückungshilfe“ und zur Antragstellung gibt es unter https://www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de.

Sind Sie unsicher und möchten Klarheit, ob Sie unter die o.g. Zugangsvoraussetzung fallen, so sind wir Ihnen nach entsprechender Beauftragung bei der Überprüfung, der entsprechenden Antragstellung sowie der Schlussabrechnung nach Ablauf des Förderzeitraumes behilflich. Die hierfür entstehenden Kosten sind im Rahmen der Überbrückungshilfe mit erstattungsfähig.

Wie aus den vorgenannten Voraussetzungen ersichtlich ist, bedarf es bei der Antragstellung einer Vielzahl von Buchhaltungsdaten. Es ist daher wichtig, dass uns alle für die Buchhaltung relevanten Daten vorliegen. Für Fördermonate, die bei Antragstellung noch in der Zukunft liegen müssen die Werte realistisch geschätzt werden.

Bitte sprechen Sie uns an, wenn Sie an der Beantragung der Überbrückungshilfe interessiert sind. Wir sind Ihnen gern dabei behilflich.

Bleiben Sie gesund!

Mit freundlichen Grüßen

Ihre GK-Günter Meyer & Partner GmbH
Steuerberatungsgesellschaft

Mandanteninformationen für Februar 2021

Strittige Kaufpreisaufteilung bei Immobilien: Gerichte dürfen nicht einfach auf BMF-Arbeitshilfe zurückgreifen

Die Aufteilung eines einheitlichen Grundstückskaufpreises auf das Gebäude und den Grund und Boden ist für die Praxis bedeutsam, weil nur die Anschaffungskosten für das Gebäude steuerlich abgeschrieben werden können. Vermieter sind daher daran interessiert, den Wert ihres Gebäudes im Besteuerungsverfahren möglichst hoch und den Wert des Grundstücks möglichst niedrig anzusetzen.

Eine im Kaufvertrag vorgenommene Kaufpreisaufteilung muss nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich von den Finanzämtern akzeptiert werden. Die vertragliche Aufteilung ist für das Besteuerungsverfahren allerdings nicht bindend, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Kaufpreis nur zum Schein bestimmt worden ist oder ein steuerlicher Gestaltungsmissbrauch vorliegt. Wurden durch die vertragliche Kaufpreisaufteilung die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt, und erscheint diese Aufteilung wirtschaftlich nicht haltbar, können Finanzämter und Finanzgerichte (FG) sie verwerfen und eine anderweitige Aufteilung vornehmen.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun entschieden, dass die FG bei strittigen und „verzerrten“ Kaufpreisaufteilungen laut Vertrag i.d.R. dazu angehalten sind, ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen zur Bewertung von Grundstücken einzuholen. Im Urteilsfall hatte die Klägerin eine Eigentumswohnung in einer Großstadt für 110.000 € erworben. Nach dem Kaufvertrag sollten davon lediglich 20.000 € auf das Grundstück entfallen. Dementsprechend ging die Klägerin für Abschreibungszwecke von einem Gebäudeanteil von rund 82 % aus. Das Finanzamt ermittelte hingegen einen Gebäudeanteil von nur rund 31 % und legte dabei die vom Bundesfinanzministerium (BMF) im Internet bereitgestellte „Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)“ zugrunde.

Hinweis: Die Arbeitshilfe ist unter www.bundesfinanzministerium.de abrufbar.

In erster Instanz sah das FG Berlin-Brandenburg in der Arbeitshilfe ein geeignetes Wertermittlungsverfahren und wies die Klage ab. Der BFH hob dieses Urteil jedoch auf und erklärte, dass die Arbeitshilfe in Streitfällen nicht reflexartig zur Wertermittlung herangezogen werden könne. Nach Meinung der Bundesrichter gewährleistet die Arbeitshilfe nicht die von der Rechtsprechung geforderte Aufteilung nach den realen Verkehrswerten von Grund und Gebäude, da die Auswahl der zur Verfügung stehenden Bewertungsverfahren auf das (vereinfachte) Sachwertverfahren verengt wurde. Auch bleibt bei der schematischen Aufteilung der Orts- oder Regionalisierungsfaktor unberücksichtigt. Im Fall einer streitigen Grundstücksbewertung sind die FG daher i.d.R. dazu angehalten, sich statt auf die BMF-Arbeitshilfe auf ein Gutachten zu stützen.

                                                        

Verdeckte Gewinnausschüttung: Weiterleitung eines Ausgleichsanspruchs

Gut gemeinte Zahlungen an Gesellschaftergeschäftsführer sind aus steuerlicher Sicht oft riskant: In einem Fall vor dem Finanzgericht Münster war ein Gesellschaftergeschäftsführer jahrzehntelang für eine Gesellschaft tätig, die ihrerseits als Handelsvertreterin agierte. Aufgrund diverser operativer und gesellschaftsrechtlicher Umstrukturierungen vereinbarte die Gesellschaft mit dem Gesellschaftergeschäftsführer, dass dieser einen Teil des Ausgleichsanspruchs der GmbH (im Streitfall 153.000 € zzgl. USt.) in monatlichen Ratenzahlungen erhalten sollte.

Dies geschah vor dem Hintergrund, dass die Entstehung der Ausgleichszahlungen und deren Höhe maßgeblich auf dem persönlichen Einsatz des Gesellschaftergeschäftsführers fußten. Im Prinzip handelte es sich also um einen freiwilligen Bonus der Gesellschaft.

Genau in dieser Freiwilligkeit sahen sowohl das Finanzamt als auch die Richter das Problem: Da es zum Zeitpunkt der entstandenen Ausgleichsansprüche der GmbH keine Weiterleitungsverpflichtung gegenüber dem Gesellschaftergeschäftsführer gegeben hatte, stellte die nachträgliche Einräumung eine verdeckte Gewinnausschüttung dar. Insbesondere hätte sich ein gedachter gewissenhafter und ordentlicher Geschäftsleiter nicht auf eine solche Weiterleitung eingelassen. Auch die Tatsache, dass der Ausgleichsanspruch erst durch den persönlichen Einsatz des Gesellschaftergeschäftsführers entstanden war, ließen die Richter nicht als Argument gelten.

Hinweis: Nachträglich vereinbarte Boni oder Zusatzzahlungen sind bei Gesellschaftergeschäftsführern stets ein Problem. Auch pauschale, weitreichende grundsätzliche Vereinbarungen sind unzureichend. Soll ein an der Gesellschaft beteiligter Geschäftsführer eine Sonderzahlung erhalten, muss dies vereinbart werden, bevor die der Sonderzahlung zugrunde liegende Berechnungsgröße bzw. die Gewinne oder Einnahmen entstanden sind.

Einkommensteuer: Entfernungspauschale bei Zeitarbeitern

Als Arbeitnehmer kann man seine Fahrtkosten für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mit der Entfernungspauschale je Entfernungskilometer geltend machen. Aber wo ist eigentlich die erste Tätigkeitsstätte, wenn man bei einem Zeitarbeitsunternehmen angestellt ist? Bei dem Zeitarbeitsunternehmen oder bei dessen Kunden, bei dem man eingesetzt wird? Hierüber musste das Finanzgericht Niedersachsen (FG) entscheiden.

Der Kläger war unbefristet bei einem Zeitarbeitsunternehmen beschäftigt. Vereinbarungsgemäß wurde er beim Kunden B befristet eingesetzt. Der weitere Einsatz bei B hing davon ab, ob dieser ihn weiterhin benötigte. Der Kläger fuhr arbeitstäglich mit seinem privaten Pkw von seiner Wohnung zu B. Er machte in seiner Einkommensteuererklärung Werbungskosten nach Dienstreisegrundsätzen geltend. Nach Ansicht des Finanzamts kam jedoch nur die Entfernungspauschale in Betracht, da die erste Tätigkeitsstätte beim Kunden sei.

Die Klage vor dem FG hatte keinen Erfolg. Bei Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte ist grundsätzlich nur die Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte anzusetzen. Erste Tätigkeitsstätte ist nach dem Gesetz die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Eine solche Zuordnung erfolgt durch dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegungen (z.B. in einem Arbeitsvertrag). Ist das Arbeitsverhältnis seinerseits befristet, kommt eine unbefristete Zuordnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses nicht in Betracht. Bei Leiharbeitern ist es jedoch so, dass die Befristung des Arbeitsverhältnisses die Annahme einer dauerhaften Zuordnung nicht ausschließt. Insbesondere steht der dem Direktionsrecht des Arbeitgebers geschuldete allgemeine Vorbehalt der jederzeitigen Umsetzung oder Versetzung im Arbeitsvertrag einer dauerhaften Zuordnung an sich nicht entgegen. Demzufolge hatte der Kläger im Streitjahr an seinem Einsatzort beim Kunden B seine erste Tätigkeitsstätte. Denn er war diesem Einsatzort dauerhaft zugeordnet. Somit ist nur die Entfernungspauschale zu berücksichtigen.

Hinweis: Sie sind sich nicht sicher, wo Ihre erste Tätigkeitsstätte ist? Wir helfen Ihnen gern.

Einkommensteuer: Aufwendungen einer doppelten Haushaltsführung

Die Arbeitswelt verlangt eine gewisse Flexibilität. So kann es sein, dass der ersehnte Traumjob in einer weiter entfernten Stadt ist. Da bleibt nur die Wahl, entweder umzuziehen oder eben einen zweiten Haushalt zu begründen. Aber auch ein Umzug ist manchmal keine Option, weil z.B. die Familie am Lebensmittelpunkt bleiben möchte. Da bleibt dann nur eine zweite Wohnung. Das Finanzamt beteiligt sich auch an den Kosten eines beruflich bedingten zweiten Haushalts. Aber was kann dann steuerlich geltend gemacht werden? Dies musste das Finanzgericht Saarland (FG) entscheiden.

Der Kläger unterhielt einen eigenen Hausstand in B und hatte aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit eine Wohnung in A angemietet. Deren monatliche Miete betrug 1.170 € zuzüglich 80 € für einen Tiefgaragenstellplatz. Zudem waren monatlich 290 € Betriebskostenvorauszahlungen zu leisten. In seiner Einkommensteuererklärung wollte der Kläger Werbungskosten für die doppelte Haushaltsführung in Höhe von 20.395 € (12 × Miete, Garage, Nebenkosten und 1.915 € für Einrichtungsgegenstände) geltend machen. Das Finanzamt berücksichtigte jedoch nur 12.000 € als Werbungskosten, die sich aufgrund der steuerfreien Erstattung durch den Arbeitgeber allerdings nicht auswirkten. Der Kläger begehrte daraufhin, die restlichen 8.395 € zu berücksichtigen.

Die Klage vor dem FG war teilweise begründet. Das Finanzamt hatte zu Unrecht die Aufwendungen für Einrichtungsgegenstände und Hausrat in Höhe von 1.803,07 € sowie die Miete für die Garage in Höhe von 960 € nicht steuermindernd berücksichtigt. Es handelt sich hierbei um sonstige notwendige Mehraufwendungen wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung, die als Werbungskosten abziehbar sind. Eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung liegt im Streitfall vor. Ab dem Veranlagungszeitraum 2014 können als Unterkunftskosten für eine doppelte Haushaltsführung im Inland die tatsächlichen Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft angesetzt werden, höchstens jedoch 1.000 € im Monat. Die Aufwendungen für Einrichtungsgegenstände und Hausrat sowie für einen angemieteten Tiefgaragenstellplatz gehören allerdings nicht zu den Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft und können daher über den Höchstbetrag hinaus berücksichtigt werden.

Hinweis: Sie sind sich nicht sicher, was Sie bei einer doppelten Haushaltsführung geltend machen können? Wir beraten Sie gerne.

Einkommensteuer: Werbungskosten bei beruflich veranlasstem Umzug

Ein neuer Job in einer anderen Stadt. Manchmal steht dann gleichzeitig ein Umzug an. Neben dem zeitlichen Aufwand ist ein Umzug natürlich auch mit Kosten verbunden. Kosten für die Suche nach einer neuen Wohnung (z.B. Fahrtkosten oder Maklergebühren), für die Beförderung der Möbel und Haushaltsgegenstände von dem einen an den anderen Ort und Ähnliches. Sie können bei einem berufsbedingten Umzug auch eine Pauschale für sonstige Umzugskosten geltend machen, ohne dass Sie dafür Nachweise erbringen müssen. Aber was wird von dieser Pauschale eigentlich umfasst? Das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern (FG) musste in einem solchen Fall entscheiden.

Die Klägerin wechselte Anfang 2015 den Arbeitgeber und zog Ende Februar 2015 von Stadt A nach Stadt B um. In A hatte sie seit Mitte März 2010 gewohnt, nachdem sie dort eine neue Arbeitsstelle angetreten hatte. Die Klägerin begehrte die Berücksichtigung diverser Umzugskosten wie die Umzugskostenpauschale für sonstige Umzugsauslagen und die Fahrtkosten für die Beförderung des Umzugsguts als Werbungskosten. Sie begehrte auch einen Häufigkeitszuschlag für einen erneuten Umzug innerhalb von fünf Jahren.

Ihre Klage vor dem FG war hinsichtlich der Umzugskostenpauschale und der zusätzlichen Beförderungskosten begründet. Der Umzug war beruflich veranlasst. Somit können die entstandenen Kosten bis zur Höhe der gesetzlich vorgegebenen Pauschalen für sonstige Umzugsauslagen angesetzt werden. Es gibt keine Gründe, der Klägerin die Umzugskostenpauschale zu verweigern. Auch die geltend gemachten Auslagen für die Beförderung des Umzugsguts können berücksichtigt werden. Die Klägerin hatte dieses mit dem eigenen Fahrzeug befördert. Nach dem Gesetz werden die notwendigen Auslagen für das Befördern des Umzugsguts von der bisherigen zur neuen Wohnung erstattet. Der Häufigkeitszuschlag von 50 % für einen erneuten Umzug innerhalb von fünf Jahren ist allerdings nicht zu gewähren. Zwar hat die Klägerin zwei Umzüge innerhalb von fünf Jahren durchgeführt. Jedoch wechselte sie den Arbeitgeber freiwillig. Dies unterscheidet ihren Umzug von solchen Umzügen, auf die das Gesetz verweist.

Hinweis: Wir erläutern Ihnen gern, welche Werbungskosten Sie in Ihrer Steuererklärung geltend machen können.

Mandanteninformationen für Januar 2021

Schenkungsteuer: Urenkel können meist nur einen Freibetrag von 100.000 € nutzen

Wer Vermögen verschenkt oder vererbt, möchte dies möglichst steuerschonend tun. Wie hoch der Steuerzugriff ausfällt, hängt maßgeblich von der Frage ab, welche Freibeträge des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes auf den Vermögenserwerb anwendbar sind. Hier gilt: Ehegatten dürfen sich alle zehn Jahre 500.000 € steuerfrei schenken, und ein Kind darf im Zehnjahresturnus von jedem Elternteil 400.000 € steuerfrei erhalten. Großeltern können ihren Enkelkindern wiederum 200.000 € steuerfrei überlassen – das Gesetz begünstigt in dieser Fallgruppe seinem Wortlaut nach „Kinder der Kinder“. Für „übrige Personen der Steuerklasse I“ sieht das Gesetz einen Freibetrag von 100.000 € vor.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun in einem Verfahren zur Aussetzung der Vollziehung entschieden, dass unter den Begriff „Kinder der Kinder“ nur die Enkel fallen, nicht aber die Urenkel. Hätte der Gesetzgeber sämtliche nachfolgenden Generationen in direkter Linie gemeint, hätte er den Begriff „Abkömmlinge“ genutzt.

Geklagt hatten zwei Urenkel, die von ihrer Urgroßmutter jeweils einen Miteigentumsanteil an einem Mietwohngrundstück schenkweise erhalten hatten. Die Urenkel waren der Auffassung, dass ihnen – ebenso wie den Enkeln – der Freibetrag von 200.000 € zustehe, da für die Anwendung der Freibeträge unmaßgeblich sein müsse, ob der Schenker mit seiner Zuwendung eine oder mehrere Generationen überspringe.

Der BFH erklärte nach der gebotenen summarischen Prüfung aber, dass Urenkeln als „übrigen Personen“ nur ein Freibetrag von 100.000 € zustehe, wenn die dazwischenliegenden Generationen – die Eltern und die Großeltern – noch lebten.

Einkommensteuer: Überlassener Pkw bei doppelter Haushaltsführung

Wenn Ihnen Ihr Arbeitgeber einen Firmenwagen zur privaten Nutzung zur Verfügung stellt, können Sie damit natürlich auch Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung durchführen. Allerdings können Sie die Kosten hierfür nicht in Ihrer Steuererklärung geltend machen. Aber gilt das auch, wenn Sie für die Nutzung des Fahrzeugs ein Nutzungsentgelt zahlen? Oder ist dann wenigstens ein Teil absetzbar? Das Finanzgericht Niedersachsen (FG) musste darüber entscheiden.

Dem Kläger wurde von seinem Arbeitgeber ein Firmenwagen auch für Privatfahrten überlassen. Vertraglich waren eine monatliche Zuzahlung von 0,5 % des Bruttolistenpreises und monatliche Beträge für die Nutzung der Tankkarte für Privatfahrten (abhängig von den gefahrenen Kilometern) vereinbart. Diese Zuzahlungen berücksichtigte der Arbeitgeber bereits in der monatlichen Gehaltsabrechnung. Der Kläger nutzte den Pkw auch für wöchentliche Familienheimfahrten im Rahmen seiner doppelten Haushaltsführung. Die hierfür geltend gemachten Werbungskosten wurden vom Finanzamt in der Einkommensteuererklärung nicht berücksichtigt.

Die Klage vor dem FG war teilweise erfolgreich. Wird vom Arbeitnehmer ein pauschaler monatlicher Zuzahlungsbetrag zuzüglich einer monatlichen, kilometerabhängigen Tankkostenzuzahlung an den Arbeitgeber geleistet, so mindert dies den geldwerten Vorteil aus der Nutzungsüberlassung. Der Arbeitgeber hat zutreffend den geldwerten Vorteil reduziert. Sofern der Arbeitgeber aus technischen Gründen monatliche Zuzahlungsüberhänge bei der monatlichen Lohnabrechnung steuerlich nicht berücksichtigt hat, sind diese bei der Einkommensteuerveranlagung zu berücksichtigen. Eine darüber hinausgehende Berücksichtigung eines verbleibenden Zuzahlungsüberhangs als negativer geldwerter Vorteil auf der Einnahmenseite oder als Werbungskosten auf der Ausgabenseite kommt nach der Rechtsprechung nicht in Betracht. Für die durchgeführten Familienheimfahrten verbleibt es beim „Werbungskostenabzugsverbot“. Der Gesetzgeber hat nämlich keinen Unterschied zwischen unentgeltlicher und teilentgeltlicher Überlassung gemacht.

Hinweis: Sie haben Fragen im Zusammenhang mit einer Firmenwagengestellung? Wir können sie Ihnen beantworten.

Einkommensteuer: Kosten einer künstlichen Befruchtung als außergewöhnliche Belastung

Manchmal bleibt der Wunsch nach einem Kind unerfüllt. In manchen Fällen aber kann die Medizin nachhelfen und den Wunsch erfüllen. Eine solche Behandlung ist mit erheblichen Kosten verbunden, die man natürlich gerne steuerlich geltend machen würde. Aber welche Voraussetzungen sind dafür zu erfüllen? Muss man in einer Beziehung leben, darf man ein bestimmtes Alter noch nicht erreicht haben? Das Finanzgericht Münster (FG) musste unlängst darüber entscheiden.

Die Klägerin vollendete im Streitjahr das 40. Lebensjahr. Bei ihr lag eine krankheitsbedingte Infertilität vor. In der Einkommensteuererklärung 2017 machte sie Kosten für eine Kinderwunschbehandlung in einer Klinik im Inland als außergewöhnliche Belastung geltend, dazu gehörten auch die Kosten für eine Samenspende. Eine Kostenübernahme seitens der Krankenkasse erfolgte nicht. Die Klägerin war nicht verheiratet und machte auch keine Angaben zu ihrem Beziehungsstatus. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung der Kosten ab, da solche Kosten nur bei verheirateten oder in einer festen Beziehung lebenden Frauen abzugsfähig seien.

Die Klage vor dem FG war erfolgreich. Die gesamten Kosten für die Kinderwunschbehandlung sind als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Die krankheitsbedingte Unfruchtbarkeit der Klägerin ist ein Krankheitszustand und nicht etwa auf ihr Alter zurückzuführen. Die Kosten sind unabhängig vom Familienstand zu berücksichtigen, da die Behandlung im Einklang mit den Richtlinien der Berufsordnungen für Ärzte vorgenommen wurde. Diese schließen künstliche Befruchtungen alleinstehender Frauen nicht aus. Die Zwangslage wird außerdem durch die Krankheit hervorgerufen und nicht durch den Familienstand. Es gibt auch keine feste Altersgrenze. Schwangerschaften von Frauen über 40 sind heutzutage nicht mehr ungewöhnlich. Auch die Kosten der Samenspende sind nicht herauszurechnen.

Hinweis: Akzeptiert das Finanzamt Aufwendungen, die Sie geltend gemacht haben, ungerechtfertigterweise nicht? Kontaktieren Sie uns. Vielleicht können wir Ihnen helfen.

Gewerbesteuer: Gewerbesteuerkürzung wegen ausländischer Betriebsstätte

Als Ausgangsgröße für die Ermittlung der Gewerbesteuer nimmt man den Gewinn des Unternehmens. Dieser wird aber nicht direkt übernommen, sondern noch durch diverse Hinzurechnungen und Kürzungen modifiziert. So ist z.B. auch der Anteil am Gewinn zu kürzen, der auf Betriebsstätten des Unternehmens im Ausland entfällt. Aber wie ist es, wenn dieser Anteil sich nicht so einfach ermitteln lässt? In einem solchen Fall musste unlängst das Finanzgericht Düsseldorf (FG) entscheiden.

Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG mit Sitz in Deutschland, ist Teil eines niederländischen Konzerns. Sie betrieb als Generalunternehmerin Wohnungsbau auf eigenen und zu einem geringen Teil auch auf fremden Grundstücken. In Deutschland befanden sich sowohl die Baustellen als auch die Korrespondenzadresse. In den Niederlanden saß die Geschäftsleitung und fand die Projektierung statt. Auf den Baustellen waren über die niederländische Zentrale verpflichtete Subunternehmer tätig. Die Klägerin war auf jeder Baustelle durch einen Polier und einen Bauleiter vertreten. Nach einer Betriebsprüfung wurden die Bauprojekte auf eigenen Grundstücken vollständig der deutschen Besteuerung unterworfen. Die Bauprojekte auf fremden Baustellen von weniger als zwölf Monaten Dauer waren der niederländischen Besteuerung zugeordnet. Bei einer Dauer von mehr als zwölf Monaten hatte man sich mit den niederländischen Steuerbehörden auf ein Aufteilungsverhältnis von 20 % (Deutschland) und 80 % (Niederlande) geeinigt. Diese Aufteilung übernahm das Finanzamt auch für die Gewerbesteuer.

Die Klage vor dem FG war teilweise erfolgreich. Nach dem Gesetz wird die Summe des ermittelten Gewinns und der Hinzurechnungen um den Teil des Gewerbeertrags gekürzt, der auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfällt. Die Baustellen im Inland stellen Betriebsstätten dar. Das Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland/Niederlande steht einer Besteuerung auch nicht entgegen. Ein Teil der Gewinne ist tatsächlich der niederländischen Geschäftsleitungs-Betriebsstätte zuzurechnen und damit der Gewinn um diesen Teil zu kürzen. Allerdings kann die bisherige Aufteilung für die Baustellen der Klägerin für die Gewerbesteuerermittlung nicht übernommen werden. Die Objekte der Wertschöpfung befanden sich im Inland, und die Bauüberwachung durch die Klägerin war entscheidend, um die angestrebte Qualität der Bauten zu gewährleisten. Daher schätzt das Gericht, dass ein Drittel des ermittelten Gewinns auf die niederländische Betriebsstätte entfällt und der Gewinn in dieser Höhe zu kürzen ist.

Hinweis: Ein Steuerfall mit Auslandsbezug kann kompliziert sein. Wir können Ihnen dabei Klarheit verschaffen.

Umwandlung: Pensionsrückstellung bei Formwechsel einer GmbH in eine GbR

In der Bilanzierung sind Pensionsrückstellungen ohnehin schon ein komplexes Thema, noch schwieriger wird es bei deren Behandlung im Rahmen einer Umwandlung. In einem Fall vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) waren ein Vater und dessen Sohn an einer GmbH beteiligt. Beiden hatte die GmbH eine Pensionszusage erteilt und folgerichtig entsprechende Pensionsrückstellungen passiviert. Zum 01.10.2009 wurde die GmbH per Formwechsel in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) umgewandelt. Gesellschafter der GbR (die im Übrigen eine Steuerberatungsgesellschaft war) waren wiederum Vater und Sohn.

Im Rahmen der Umwandlung wurden die Beträge der Pensionsrückstellungen zugunsten von Vater und Sohn in die Gesamthandsbilanz der GbR übernommen. Das zuständige Finanzamt vertrat im Rahmen einer Betriebsprüfung die Auffassung, dass den Rückstellungen in der Gesamthandsbilanz gewinnerhöhende Korrekturposten in einer jeweils aufzustellenden Sonderbilanz entgegenzustellen waren.

Dem widersprachen die Richter des FG: Durch die Umwandlung ändere sich nichts an der Tatsache, dass Vater und Sohn (nach wie vor) ein Dienstverhältnis zu ihrer Gesellschaft (vormals GmbH, aktuell GbR) unterhielten, insbesondere komme es nicht zur Beendigung und zum Neuanfang im Rahmen einer juristischen Sekunde. Mithin sei es korrekt, die Bilanzwerte (ohne Gewinnerhöhung in einer Sonderbilanz) zu übernehmen.

Unstreitig und gemeinhin anerkannt ist jedoch, dass Rückstellungserhöhungen bei den Pensionen in der Gesamthandsbilanz ab dem Zeitpunkt der Umwandlung zu einem Korrekturposten in der Sonderbilanz führen (und sich die Rückstellungserhöhungen somit steuerlich nicht auswirken).

Hinweis: Das Finanzamt legte Revision gegen das Urteil ein. Es bleibt abzuwarten, ob der Bundesfinanzhof die Ansicht der Vorinstanz teilt.

 

Mandanteninformationen für Dezember 2020

Europäischer Gerichtshof: Zur Rechtswirkung einer Außenprüfung

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich kürzlich mit der Frage beschäftigt, ob Umsätze, die Gegenstand einer Außenprüfung sind, vom Unternehmer umsatzsteuerlich abweichend von der bis­herigen Bewertung behandelt werden können.

Im Streitfall ging es um eine rumänische Handelsgesellschaft, die Raps an eine deutsche Handels­gesellschaft lieferte. Die rumänische Gesellschaft behandelte die Umsätze als innergemeinschaft­liche Lieferungen nach Deutschland. Im Rahmen einer Außenprüfung konnte die rumänische Gesell­schaft keine Nachweise erbringen, dass der Raps das Land Rumänien verlassen hatte. Das rumä­nische Finanzamt versagte daher die Steuerbefreiung und forderte die Umsatzsteuer nach. Da die rumänische Gesellschaft gegen den Steuerbescheid vom März 2014 keinen Einspruch einlegte, wurde dieser bestandskräftig. Sie stellte berichtigte Rechnungen unter Ausweis der Umsatzsteuer für inlän­dische Lieferungen an die deutsche Handelsgesellschaft aus. Die deutsche Handelsgesellschaft ver­trat jedoch die Auffassung, dass hier die Umkehr der Steuerschuldnerschaft anzuwenden sei, und for­derte berichtigte Rechnungen an. Diese stellte die rumänische Gesellschaft aus und beantragte beim zuständigen Finanzamt die Erstattung der zu Unrecht abgeführten Umsatzsteuer. Dieser Antrag wur­de aufgrund der Bestandskraft des Steuerbescheids vom März 2014 abgelehnt.

Die Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg. Das Berufungsgericht zweifelte, ob die Vorgehens­weise des Finanzamts mit dem Unionsrecht vereinbar ist, und legte die Sache dem EuGH vor. Da die Umkehr der Steuerschuldnerschaft anzuwenden war, musste dem Lieferanten die fälschlicherweise in Rechnung gestellte und abgeführte Umsatzsteuer erstattet werden. Nach der ständigen Recht­sprech­ung des EuGH konnte die zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer berichtigt werden.

Der EuGH sieht in der Anwendung der Umkehr der Steuerschuldnerschaft keine Gefährdung des Steueraufkommens. Die Bestandskraft des Steuerbescheids vom März 2014 steht der Erstattung nicht entgegen, sofern die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist.

Hinweis: Das Urteil des EuGH könnte auch für in Deutschland geltende Rechtsnormen bedeut­sam sein. Sofern die in der Abgabenordnung geregelte Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist, darf eine Steuerminderung gemäß der EuGH-Rechtsprechung nicht verwehrt werden.

 

Regelungen zur Organschaft: Kommt bald die Querorganschaft?

Eine ertragsteuerliche Organschaft (also eine körperschaft- und gewerbesteuerliche Organschaft) bietet u.a. den immensen Vorteil, Verluste einer Tochterkapitalgesellschaft mit Gewinnen der Mutter­gesellschaft verrechnen zu können. Weiterhin entfällt auch die 5%ige Versteuerung von Dividenden bzw. Veräußerungsgewinnen (sog. Schachtelstrafe).

Diese steuerlichen Vorteile erkaufen sich die beteiligten Gesellschaften jedoch mit hohem adminis­trativem Aufwand, denn die deutschen Organschaftsregelungen sind sehr streng und sehr formalis­tisch. Voraussetzung ist beispielsweise eine streng hierarchisch organisierte Struktur: Die Mutter­gesellschaft muss mehr als die Hälfte der Stimmrechte an der Tochtergesellschaft innehaben, und die Organschaft muss auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen und „gelebt“ werden.

Dabei darf die Muttergesellschaft zwar auch eine ausländische Gesellschaft sein, für eine Organschaft muss sie jedoch eine deutsche Betriebsstätte haben, der die Beteiligung an der Tochtergesellschaft zuzurechnen ist. Hat eine Muttergesellschaft mehrere Tochtergesellschaften, kommt über die gemein­same Mutter zwar grundsätzlich eine Ergebnisverrechnung in Betracht. Eine Verrechnung der Ergeb­nisse der Töchter unmittelbar untereinander ist jedoch nicht möglich, erst recht nicht, wenn die ge­meinsame Muttergesellschaft nicht über eine hiesige Betriebsstätte verfügt.

Im EU-Ausland ist man da schon weiter: In den Niederlanden, in Luxemburg, in Italien und in Frank­reich ist eine sogenannte Querorganschaft und damit eine Ergebnisverrechnung unter Schwes­tern ohne Einbeziehung der Muttergesellschaft schon seit mehreren Jahren möglich.

Mit Urteil vom Mai 2020 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem luxemburgischen Fall entschieden, dass Luxemburg diese Regelung zu spät eingeführt hat, denn das Streitjahr lag ein Jahr vor Einführung der luxemburgischen Querorganschaft. Im dortigen Fall hatten zwei in Luxemburg an­sässige Schwestergesellschaften beim zuständigen Finanzamt beantragt, ihre Ergebnisse miteinander verrechnen zu dürfen. Ihre gemeinsame Muttergesellschaft war eine in Frankreich ansässige Aktien­gesellschaft. Zwar versagte das Finanzamt zunächst die Verrechnung, der EuGH sah darin jedoch einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit und ermöglichte eine entsprechende Saldie­rung.

Hinweis: Die deutschen – eher strengen – Organschaftsregelungen stehen schon seit Jahrzehn­ten in der Diskussion. Das Urteil dürfte nun für einen weiteren Diskussionspunkt sorgen und den Reformdruck auf die nationale Regierung erhöhen.

 

Unterhaltszahlung der Eltern: Höchstbetrag wird wegen des verdienenden Lebensgefährten des Kindes nicht gekürzt

Wenn der Nachwuchs studiert oder eine Ausbildung absolviert, leisten die Eltern häufig finan­zielle Unterstützung, indem sie beispielsweise die Kosten für Lernmaterialien, WG-Zimmer und Verpflegung übernehmen. Haben sie für ihr Kind keinen Anspruch mehr auf Kindergeld (z.B. weil das studierende Kind älter als 25 Jahre ist), können sie ihre finanziellen Beiträge häufig als Unterhalts­leistungen in der Einkommensteuererklärung absetzen. Maximal abziehbar sind 9.408 € pro Jahr (Höchstbetrag für 2020), zzgl. etwaiger übernommener Basiskranken- und Pflegeversicherungs­beiträge des Kindes.

Wird der Unterhalt für das Kind von mehreren Personen gezahlt, muss der Unterhaltshöchstbetrag unter diesen Personen aufgeteilt werden. Nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) ist der Unterhaltshöchstbetrag aber nicht aufzuteilen bzw. zu kürzen, wenn das unterhaltene Kind mit einem Lebensgefährten, der über eigenes Einkommen verfügt, in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt.

Im vorliegenden Fall hatten Eltern die Unterhaltsaufwendungen für ihre studierende Tochter geltend gemacht. Das Finanzamt hatte diese nur zur Hälfte anerkannt und sich darauf gestützt, dass auch der Lebensgefährte der Tochter zu deren Unterhalt beigetragen habe. Der Mann lebte mit ihr in einer Haushaltsgemeinschaft und erzielte einen Arbeitslohn von 32.460 €. Das Amt verwies auf die Erfah­rung, dass Lebensgefährten bei unterschiedlich hohem Einkommen stets „aus einem Topf wirt­schafteten“ und daher die Gesamteinnahmen der Haushaltsgemeinschaft jedem gleichermaßen zur Verfügung stünden.

Der BFH folgte dieser Argumentation jedoch nicht und erkannte die Unterhaltszahlungen der Eltern bis zum vollen Höchstbetrag an. Nach Meinung der Bundesrichter waren die vom Amt angeführten Erfahrungswerte weder von der Lebenswirklichkeit getragen noch von der höchstrichterlichen Recht­sprechung gedeckt, nach der ein „Wirtschaften aus einem Topf“ nur bei Partnern einer sozialrecht­lichen Bedarfsgemeinschaft anzunehmen ist.

Im zugrunde liegenden Fall hatte aber keine solche Bedarfsgemeinschaft bestanden, da die Tochter allein schon wegen der Unterhaltsleistungen der Eltern nicht mittellos war. Es entspricht laut BFH der Lebenswirklichkeit, dass Lebensgefährten, die jeweils über auskömmliche finanzielle Mittel zur Deckung des eigenen Lebensbedarfs verfügen, einander keine Leistungen zum Lebensunter­halt gewähren, sondern jeder durch die Übernahme der hälftigen Haushaltskosten für den eigenen Lebensunterhalt aufkommt.

Hinweis: Das Urteil ist eine gute Nachricht für Eltern, die ihre Kinder in Studium und Ausbildung finanziell unterstützen und kein Kindergeld mehr erhalten. Sie können den vollen Unterhalts­höchstbetrag demnach auch dann geltend machen, wenn das Kind bereits mit einem Partner zusammenlebt, der im Berufsleben steht.

Einkommensteuer: Ortsübliche Miete bei einem Angehörigenmietvertrag

Wird eine Wohnung an Angehörige vermietet, und ist die Miete geringer als die, die man von einem fremden Dritten verlangen würde, kann es sein, dass das Finanzamt nicht alle Kosten in vollem Um­fang als Werbungskosten anerkennt. So hat der Gesetzgeber beschlossen, dass ein Vermieter die Kosten nur dann zu 100 % abziehen kann, wenn die Miete des Angehörigen mindestens 66 % der ortsüblichen Miete beträgt. Ansonsten werden die Werbungskosten gekürzt. Aber wie wird diese orts­übliche Miete ermittelt? Man kann den örtlichen Mietspiegel zu Rate ziehen. In einem Streitfall vor dem Finanzgericht Thüringen (FG) hatte das Finanzamt jedoch die Miethöhe einer anderen Wohnung im selben Haus herangezogen.

Die Klägerin vermietete für 370 € inklusive Nebenkosten eine Eigentumswohnung an ihre Tochter. Im selben Haus vermietete sie eine vergleichbare, genauso große Wohnung an einen Fremdmieter für 578 € inklusive Nebenkosten. Im Einkommensteuerbescheid 2015 wurden nur 64,01 % der geltend gemachten Werbungskosten für die Wohnung der Tochter berücksichtigt, wodurch sich positive Ver­mietungseinkünfte ergaben. Nach Ansicht des Finanzamts kann für die Ortsüblichkeit der Miete auf die im selben Haus fremdvermietete Wohnung abgestellt werden.

Die Klage vor dem FG war nicht erfolgreich. Das Finanzamt hat zutreffend die Werbungskosten für die Wohnung der Tochter nur zu 64,01 % steuermindernd berücksichtigt. Die Nutzungsüberlassung der Eigentumswohnung an die Tochter ist in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Anteil aufzu­teilen. Als ortsübliche Miete kann auch die Miete für eine vergleichbare, im selben Haus fremd­vermietete Wohnung herangezogen werden. Es muss also nicht zwingend der Mietspiegel sein. Wer eine Wohnung im Vergleich zur ortsüblichen Marktmiete verbilligt überlässt, verzichtet bewusst auf mögliche Einnahmen und kann die tatsächlich entstandenen Aufwendungen nur in dem Verhältnis als Werbungskosten abziehen, in dem die vereinbarte Miete zur ortsüblichen Miete steht. Es gibt keine Legaldefinition der ortsüblichen Miete. Diese kann grundsätzlich auf jedem Weg ermittelt werden. Die Vergleichsmiete im selben Haus führt zu einem realistischen Schätzergebnis.

Hinweis: Sie möchten an Angehörige vermieten? Wir beraten Sie gern!

 

Corona-Krise: Vollstreckungsmaßnahmen aus der Zeit vor Mitte März 2020 bleiben bestehen

Wegen der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie wenden die Finanzämter derzeit gelockerte Stundungs- und Vollstreckungsregeln an. Unternehmen und Privatpersonen, die unmittelbar und nicht unerheblich von der Krise betroffen sind, können noch bis zum 31.12.2020 die Stundung ihrer fälligen Steuern beantragen. Die Finanzämter sind zudem dazu angehalten, bei einer unmittelbaren Krisen­betroffenheit des Steuerzahlers bis Jahresende von Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen. Grundlage für die gelockerte „Gangart“ der Finanzämter ist ein Schreiben des Bundesfinanzminis­teriums (BMF) vom 19.03.2020.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren entschieden, dass die Finanzämter ihre bereits vor dem 19.03.2020 erfolgten Vollstreckungsmaßnahmen nicht wegen der gelockerten Neuregelungen aufheben müssen. Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Unternehmen aus einem EU-Mitgliedstaat erhebliche Steuerschulden angehäuft, die bereits im Jahr 2019 festge­setzt worden waren. Aufgrund dieser Rückstände hatte jener EU-Mitgliedstaat ein Vollstreckungsersu­chen an Deutschland gerichtet. Das zuständige Finanzamt hatte daraufhin im Februar 2020 diverse Pfändungs- und Einziehungsverfügungen gegen mehrere deutsche Banken erlassen, bei denen die Antragstellerin Konten unterhielt. Hiergegen wendete sich die Antragstellerin, und zwar u.a. mit dem Argument, dass aufgrund ihrer durch die Corona-Pandemie bedingten erheblichen Einnahmeausfälle von Vollstreckungsmaßnahmen abgesehen werden müsse.

Die Bundesrichter waren jedoch anderer Meinung und verwiesen darauf, dass im BMF-Schreiben von einem „Absehen“ von Vollstreckungsmaßnahmen die Rede sei und diese Formulierung darauf hin­deute, dass sich die Verschonungsregelung nur auf solche Vollstreckungsmaßnahmen beziehe, die noch nicht durchgeführt worden seien. Dem Wortlaut des Schreibens lässt sich nach Ansicht des BFH jedenfalls nicht entnehmen, dass bereits vor dem 19.03.2020 ergriffene Vollstreckungsmaß­nahmen wieder aufgehoben oder rückabgewickelt werden müssten. Diese Grundsätze gelten auch für Sachverhalte, in denen der Vollstreckungsschuldner in Deutschland ansässig und mit der Zahlung von deutschen Steuern säumig geworden ist.

Hinweis: Vollstreckungsmaßnahmen, die in der Zeit vor dem 19.03.2020 ausgebracht worden sind (z.B. Kontenpfändungen), lassen sich also nicht mit dem Hinweis auf die gelockerten „Coro­na-Vollstreckungsregeln“ außer Kraft setzen.

Mandanteninformationen für November 2020

Vertragliche Mindestbindungsfrist: Entschädigung bei vorzeitiger Vertragsbeendigung umsatzsteuerpflichtig

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat kürzlich zur Frage, ob die Entschädigung bei Nichteinhaltung einer vertraglichen Mindestbindungsfrist der Umsatzsteuer unterliegt, entschieden.

Im Urteilsfall bot die Klägerin ihren Kunden Verträge für verschiedene Telekommunikationsdienst­leistungen (z.B. für Festnetz, Mobil oder Internet) an. Die Verträge konnten für eine bestimmte Min­destlaufzeit abgeschlossen werden. Die Klägerin gewährte im Gegenzug den Kunden gewisse Vor­zugskonditionen (z.B. kostenlose Installation und Aktivierung der Dienste). Ziel war es, durch die Mindestlaufzeit einen Teil der von der Klägerin verauslagten Kosten für Geräte und Infrastruktur wiederzuerlangen. Sobald ein Kunde die Mindestlaufzeit nicht einhielt, war er verpflichtet, eine Zah­lung für die vorzeitige Vertragsbeendigung zu leisten.

Strittig war, ob die von den Kunden nach Vertragsbeendigung gezahlten Beträge steuerpflichtiges Entgelt für die Leistungen der Klägerin oder Schadenersatz waren.

Nach Auffassung des EuGH ist der zu zahlende Betrag des Kunden für eine vorzeitige Vertrags­beendigung, die er selbst verursacht hat, ein umsatzsteuerpflichtiges Entgelt. Die Zahlung des Kunden sei eine Gegenleistung für den Anspruch auf Erfüllung des Vertrags, den der Kunde abge­schlossen habe. Das gelte auch dann, wenn der Kunde diesen Anspruch nicht wahrnehmen wolle oder könne.

Hinweis: Die Abgrenzung zwischen Schadenersatz und Entgelt ist in der Praxis immer wieder erforderlich. Das Urteil ist für alle Unternehmer bedeutsam, die Verträge mit einer Mindestbin­dungsfrist abschließen (z.B. Telekommunikationsunternehmen, Leasingunternehmen, Fitness­studios).

 

Europäischer Gerichtshof: Umsatzsteuerliche Behandlung von Hosting-Diensten in einem Rechenzentrum

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich aktuell mit der umsatzsteuerlichen Behandlung von Hosting-Diensten in einem Rechenzentrum beschäftigt, insbesondere damit, ob der Leistungsort der Belegenheitsort des Grundstücks ist.

Ein Unternehmen mit Sitz in Finnland bot Hosting-Dienste für Betreiber von Telekommunikations­netzen an. Es stellte dafür abschließbare Geräteschränke bereit, in denen die Kunden ihre eigenen Server unterbringen konnten. Zum Leistungsumfang gehörten ebenfalls die Stromversorgung, Klimati­sierung und Überwachung, um die Server optimal nutzen zu können. Die Schränke waren am Boden festge­schraubt und in den Schränken die Server. Diese konnten jedoch innerhalb weniger Minuten wieder ausgebaut werden. Die Kunden hatten keinen unmittelbaren Zugang zu ihrem Schrank, son­dern erhielten nach einer Identitätskontrolle einen Schlüssel hierfür.

Die Beteiligten stritten darüber, ob die Überlassung der Geräteschränke als eine in Finnland steuer­freie Vermietung einer Immobilie zu qualifizieren war oder als eine in Finnland steuerpflichtige Leistung in Verbindung mit einem Grundstück oder ob sie am Sitz der Kunden (ggf. im Ausland) steuerbar war.

Der EuGH verneinte zunächst, dass das Zurverfügungstellen der Räumlichkeiten, in denen die Gerä­teschränke aufgestellt waren, ein Vermietungsumsatz war. Da die Hosting-Dienste nicht nur die Über­lassung des Stellplatzes des Geräteschranks umfassten, sondern auch weitere Dienstleistungen, liege kein Vermietungsumsatz vor.

Zudem sah der EuGH keinen ausreichend direkten Zusammenhang der Hosting-Dienste mit dem Grundstück. Sie bildeten zum einen keinen wesentlichen Bestandteil des Gebäudes, in dem sie ständen, sodass das Gebäude ohne sie nicht als unvollständig anzusehen sei. Andererseits seien die Schränke nicht auf Dauer installiert, da sie nur am Boden festgeschraubt worden seien.

Ferner verneinte der EuGH, dass die Hosting-Dienste als Dienstleistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück anzusehen waren. Der Leistungsort sei demnach nicht der Belegenheitsort des Grundstücks. Den Kunden stehe kein ausschließliches Recht zu, die Gebäudeteile, in denen die Schränke stünden, zu nutzen.

Hinweis: Sowohl Dienstleister, die z.B. Maschinen oder Anlagen in Gebäuden installie­ren, als auch deren Kunden sollten prüfen, ob die zu erbringenden Leistungen grundstücksbe­zogen sind. Das gilt sowohl für die Eingangs- als auch für die Ausgangsleistungen. Wir beraten Sie gern!

 

Geschäftsführer einer gGmbH: Unverhältnismäßig hohe Vergütungen führen zum Entzug der Gemeinnützigkeit

Nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) können unverhältnismäßig hohe Geschäftsführervergütungen dazu führen, dass gemeinnützigen Körperschaften ihr Gemein­nützigkeitsstatus entzogen wird.

Geklagt hatte eine gemeinnützige GmbH, die hauptsächlich Leistungen im Bereich der Gesundheits- und Sozialbranche (psychiatrische Arbeit) erbringt. Das Finanzamt hatte festgestellt, dass der Ge­schäftsführer jährlich zwischen 136.000 € und 283.000 € als „Gesamtausstattung“ erhielt, und der Gesellschaft infolgedessen die Gemeinnützigkeit entzogen (wegen Mittelfehlverwendung). Die Gesell­schaft hatte Jahresumsätze zwischen 7,7 Mio. € und 15,2 Mio. € erwirtschaftet.

Der BFH folgte der Auffassung des Finanzamts in weiten Teilen. Ob eine unverhältnismäßig hohe Ver­gütung vorliegt, muss nach dem Urteil zunächst durch einen sogenannten Fremdvergleich ermittelt werden. Zu diesem Zweck können allgemeine Gehaltsstrukturuntersuchungen für Wirtschafts­unternehmen herangezogen werden.

Eine unangemessene Vergütung liegt nach dem Urteil jedoch erst für Bezüge vor, die den oberen Rand der angegebenen Gehaltsbandbreite um mehr als 20 % übersteigen. Das Gericht verwies darauf, dass von den Vergleichsgehältern kein Abschlag für Geschäftsführer von gemeinnützigen Organisationen vorgenommen werden muss. Ein Entzug der Gemeinnützigkeit erfordert zudem ergänzend, dass die betroffene Gesellschaft nicht nur geringfügig gegen das Mittelverwendungs­gebot verstoßen hat.

Hinweis: Die Entscheidung ist von weitreichender Bedeutung für die Besteuerung gemeinnütziger Körperschaften, da sie die Grundlagen für die Ermittlung von noch zulässigen Geschäftsführer­bezügen aufzeigt und diese Grundsätze auch auf andere Geschäftsbeziehungen mit gemeinnützi­gen Körperschaften übertragen werden können (z.B. auf Miet-, Pacht- und Darlehensverträge).

 

Einkommensteuer: Werbungskosten bei Vermietung und Verpachtung

Als Vermieter fährt man ab und an zu seinen Objekten. Sei es, um nach dem Rechten zu sehen, eine Wohnung von Mietern wieder zu übernehmen oder an neue Mieter zu übergeben. Die hierbei anfal­lenden Fahrtkosten sollen natürlich auch bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berück­sichtigt werden. Aber wie? Mit der Entfernungspauschale oder mit den tatsächlich gefahrenen Kilome­tern? Das Finanzgericht Köln (FG) musste in einem solchen Fall entscheiden.

Der Kläger hat verschiedene Mietobjekte in X, Y und Z. Daneben bezieht er in X Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. In Z ist er nichtselbständig tätig. In seinen Einkommensteuererklärungen 2015 und 2016 machte er Kosten für Fahrten nach X sowie für Beschaffungsfahrten, Verpflegungsmehrauf­wendungen und Übernachtungspauschalen in X geltend. Diese Aufwendungen ordnete der Kläger prozentual den einzelnen Objekten zu sowie im Jahr 2015 zu 5 % den Einkünften aus Land- und Forstwirt­schaft. Das beklagte Finanzamt reduzierte die gefahrenen Kilometer durch Halbierung auf die Ent­fernungskilometer und wendete hierauf die Entfernungspauschale von 0,30 € an. Den sich so erge­benden Betrag reduzierte es dann noch um einen geschätzten Privatanteil von 40 %. Die geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen und pauschalen Übernachtungskosten ließ es nicht zum Abzug zu.

Das FG gab dem Kläger teilweise recht. Die Fahrtkosten nach X bzw. Y können tatsächlich nur mit der Entfernungspauschale angesetzt werden – allerdings ohne Reduzierung um einen Privatanteil. Die Berücksichtigung dieser Fahrtkosten ist auch im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpach­tung möglich. Denn Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte können mit der Entfernungs­pauschale geltend gemacht werden. Die beiden Mehrfamilienhäuser in X und Y sind für den Kläger jeweils die erste Tätigkeitsstätte hinsichtlich der Einkünfte aus dem jeweiligen Objekt. Die Fahrtkosten sind dabei weder um einen Privatanteil von 40 % zu kürzen noch im Jahr 2015 um einen auf die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft entfallenden Anteil von 5 % zu reduzieren. Die Kosten der Fahrten zwischen den beiden Objekten in X und in Y sind aber mit den tatsächlichen Kos­ten bzw. gefahrenen Kilometern anzusetzen, da es sich insoweit um Fahrten zwischen zwei ersten Tätigkeits­stätten handelt. Die Beschaffungsfahrten sind mit 0,30 € je gefahrenen Kilometer anzuset­zen. Verpfle­gungsmehraufwendungen und Übernachtungskosten sind nicht zu berücksichtigen.

Hinweis: Gerne unterstützen wir Sie bei der Ermittlung Ihrer Einkünfte und beraten Sie hinsichtlich der Aufwendungen, die Sie steuermindernd geltend machen können.

 

Mindestbeteiligung: Reicht für Steuerfreiheit das wirtschaftliche Eigentum aus?

Nach dem hiesigen Unternehmenssteuerrecht bleiben Dividenden unter Kapitalgesellschaften nahezu steuerfrei. Lediglich etwa 1,5 % muss eine Kapitalgesellschaft auf eine empfangene Ausschüttung an den Fiskus entrichten – vorausgesetzt, die Beteiligung beträgt zu Beginn des Kalenderjahrs der Aus­schüttung mindestens 10 %. In einem kürzlich vor dem Finanzgericht München entschiedenen Fall hielt eine Kapitalgesellschaft (bis zum Jahr 2013) 9,898 % an einer Aktiengesellschaft (AG). Im Hin­blick auf eine beabsichtigte Ausschüttung der AG im Jahr 2014 schloss die Klägerin mit dem Haupt­aktionär am 16.12.2013 einen Kaufvertrag über 50 Aktien, wodurch sie beabsichtigte, die 10-%-Hürde zu meistern.

Der Kaufvertrag wurde unter der aufschiebenden Bedingung geschlossen, dass das Eigentum an den Aktien erst mit Kaufpreiszahlung an die Klägerin übergehen sollte. Die Klägerin wollte die Überwei­sung auch unverzüglich vornehmen, doch leider schlug die Überweisung aufgrund eines Missge­schicks fehl. Die korrekte Überweisung des Kaufpreises konnte somit erst zu Beginn des Jahres 2014 erfolgen.

Fraglich war mithin, ob die Klägerin zu Beginn des Jahres 2014 die erforderliche Mindestbeteiligung innehatte. Die Richter vertraten die Auffassung, dass dies erfüllt sei, denn durch den Abschluss des konkreten Vertrags sei das wirtschaftliche Eigentum an den Aktien bereits im Dezember 2013 übergegangen. Durch den Vertrag habe die Klägerin eine das Gewinnbezugsrecht und mögliche Wertveränderungen der Aktien umfassende Position erworben, die ihr gegen ihren Willen nicht mehr entzogen werden könne und zum maßgeblichen Stichtag 1. Januar auch noch fortbestehe.

Hinweis: Ob die Richter des Bundesfinanzhofs das genauso beurteilen, wird sich noch zeigen – dort ist der Fall zurzeit anhängig.

Mandanteninformationen für Oktober 2020

In-App-Verkäufe: Wer ist umsatzsteuerrechtlicher Leistungserbringer?

Das Finanzgericht Hamburg (FG) hat sich mit der Frage beschäftigt, wer umsatzsteuerrechtlicher Leistungserbringer bei sogenannten In-App-Verkäufen ist und wann eine Dienstleistungskommis­sion vorliegt. Von einer solchen spricht man, wenn ein Unternehmer (Auftragnehmer) in die Erbring­ung einer sonstigen Leistung eingeschaltet wird und dabei im eigenen Namen und für fremde Rech­nung handelt.

Im Streitfall ging es um eine Klägerin, die Spiele-Apps für mobile Endgeräte wie z.B. Smartphones oder Tablets entwickelte und vertrieb. Sie nutzte für den Vertrieb u.a. A, eine Plattform des Unter­nehmens B, die bis zum Jahr 2014 von C betrieben wurde. Die App-Käufe rechnete C mit der Klägerin monatlich ab. Er behielt eine Provision von 30 % ein. Die Beteiligten stritten darüber, wer umsatzsteu­errechtlicher Leistungserbringer war.

Die Klägerin vertrat mit Blick auf die Ladenrechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) die Auffas­sung, dass eine Dienstleistungskommission vorliege, da sie Leistungen an C erbringe, der seinerseits Leistungserbringer gegenüber den Endkunden sei.

Die Klage hatte Erfolg. Die Klägerin habe mit der Freischaltung der elektronischen Daten in der Spiele-App des Nutzers und in ihrer Spieledatenbank eine sonstige Leistung erbracht, allerdings gegenüber C, der seinen Sitz nicht in Deutschland habe. C sei im eigenen Namen als Betreiber der Internetseite aufgetreten.

Die Ladenrechtsprechung des BFH besagt, dass derjenige, der im eigenen Laden Ware verkauft, umsatzsteuerrechtlich als Eigenhändler und nicht als Vermittler gilt. Diese Rechtsprechung ist auch bei Leistungserbringungen über das Internet anzuwenden, da ein Betreiber einer Internetseite mit einem Unternehmer, der im eigenen Laden Ware verkauft, vergleichbar ist. Etwas anderes gilt nur, wenn das Handeln in fremdem Namen nach außen deutlich gemacht wird. Im Streitfall war jedoch für den Käufer erkennbar, dass A bzw. sein Betreiber als Verkäufer auftraten.

Hinweis: Das Verfahren ist beim BFH anhängig. Der Streitfall betrifft die Rechtslage bis zum 31.12.2014. Das FG musste daher nicht auf die seit dem 01.01.2015 geltende Neuregelung für elektronische Dienstleistungen eingehen.

 

Einkommensteuer: Widerlegung des Anscheinsbeweises für eine private Kfz-Nutzung

Hat man ein Fahrzeug im Betriebsvermögen, das nicht gerade ein Nutzfahrzeug ist, und führt für die­ses kein Fahrtenbuch, so geht das Finanzamt davon aus, dass dieses Kfz auch privat genutzt wird. Diesen Anschein kann man natürlich ganz einfach durch ein Fahrtenbuch widerlegen, in dem alle Fahrten aufgezeichnet sind und laut dem keine privaten Fahrten getätigt wurden. Aber wie ist es, wenn kein Fahrtenbuch geführt wurde? Hat man dann trotzdem eine Möglichkeit, dem Finanzamt das Gegenteil des Anscheins zu beweisen? Das Finanzgericht Niedersachsen (FG) musste darüber entscheiden.

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, deren alleiniger Kommanditist X ist. X nutzte im Jahr 2013 einen im Vorjahr angeschafften Kastenwagen für betriebliche Zwecke. Ein Fahrtenbuch wurde hierfür allerdings nicht geführt. Für die Jahre 2012 bis 2014 wurde eine Betriebsprüfung vorgenommen. Da­bei kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass aufgrund der fehlenden Fahrtenbücher eine private Nut­zung nicht ausgeschlossen werden könne. Somit sei die private Kfz-Nutzung des betrieblichen Fahr­zeugs mit der 1-%-Regelung zu ermitteln. Allerdings verfügte X in seinem Privatvermögen auch über ein Kfz. Nach Ansicht des Prüfers erschütterte dies den Anscheinsbeweis jedoch nicht, da das Fahr­zeug weder in Bezug auf den Gebrauchswert noch auf den Status mit dem betrieblichen Fahrzeug vergleichbar sei.

Das FG gab dem Kläger recht. Zwar ist die private Nutzung eines betrieblichen Kfz mit der 1-%-Rege­lung zu berechnen. Allerdings setzt dies auch eine tatsächliche private Nutzung des betreffenden Fahrzeugs voraus. Nach allgemeiner Lebenserfahrung werden dienstliche oder betriebliche Fahr­zeuge, die auch zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, tatsächlich auch privat genutzt. Dafür spricht nach Ansicht der Rechtsprechung der Beweis des ersten Anscheins. Der Anscheinsbeweis kann allerdings durch einen Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert werden – z.B. durch ein ständig verfügbares, in Status und Gebrauchswert vergleichbares Fahrzeug. Dies war der Fall. Vergleicht man die streitbefangenen Fahrzeuge im Hinblick auf Status (im Sinne von Prestige) und Gebrauchswert (im Sinne von Eignung für bestimmte Funktionen und Zwecke wie Motorleistung, Aus­stattung), so ist nach Überzeugung des Gerichts mindestens von einer Vergleichbarkeit auszugehen. Daher ist kein Privatanteil zu berücksichtigen.

Hinweis: Wir empfehlen Ihnen, ein Fahrtenbuch zu führen. Welche Anforderungen dafür erfüllt werden müssen, erklären wir Ihnen gerne.

 

Verfahrensrecht: Hosentasche als Ladenkasse

Nimmt man im Rahmen seines Unternehmens Bargeld ein oder gibt es aus, ist man per Gesetz ver­pflichtet, dies aufzuzeichnen. Denn vor allem, wenn man es mit seinem privaten Bargeld mischt, ist es schwer, den Überblick zu behalten. Aber wie ist es, wenn man keine „richtige“ Kasse hat? Muss man dann auch Aufzeichnungen machen und ein Kassenbuch führen? Das Finanzgericht Hamburg (FG) musste in einem solchen Fall entscheiden.

Der Antragsteller ist buchführungspflichtig und betreibt einen Nutzfahrzeughandel. Seine Umsätze unterlagen teilweise dem Regelsteuersatz und waren teilweise steuerfrei. Die Kunden zahlten größ­tenteils per Banküberweisung und im Übrigen bar. Bei einer Umsatzsteuersonderprüfung legte der Antragsteller weder Belege über Entnahmen oder Verbindlichkeiten noch Kasseneinzelaufzeichnun­gen vor. Die Bareinnahmen waren buchhalterisch über verschiedene Konten gebucht worden. Da keine Einzelaufzeichnungen vorlagen, konnte der Außenprüfer auch nicht nachvollziehen, woher ge­nau das auf dem Bankkonto eingezahlte Bargeld stammte. Es war für ihn somit nicht möglich, die in der Voranmeldung erklärten Umsätze zu überprüfen. Als Konsequenz erhöhte das Finanzamt die steuerpflichtigen Umsätze.

Die Klage vor dem FG war teilweise erfolgreich. Bei summarischer Prüfung hatte es ernstliche Zweifel an der Höhe der Hinzuschätzung. Allerdings war die Buchführung derart fehlerbehaftet, dass eine Hin­zuschätzung geboten war. Die Finanzbehörde kann die Besteuerungsgrundlagen schätzen, so­weit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Aufgrund der mangelbehafteten und nicht­nachvollziehbaren Buchführung des Antragstellers war das Finanzamt hier zur Schätzung befugt. Die Buchführung des Antragstellers war schon deshalb nicht ordnungsgemäß, da er trotz Vorlie­gens von Kasseneinnahmen und -ausgaben kein Kassenbuch führte. Es fehlte daher an der erforderlichen Kassensturzfähigkeit. Bezahlt ein Kunde seine Ware in bar, so sind diese verein­nahmten Gelder zwingend Betriebsvermögen, wobei „zur Not auch eine Hosentasche“ eine Kasse ist, die eine ordnungsgemäße Aufzeichnung erfordert. Allerdings korrigierte das Gericht die Höhe der Schätzung des Finanzamts. Es war eine gleichmäßige Aufteilung der hinzugeschätzten Umsätze auf steuerfreie und steuerpflichtige Umsätze vorzunehmen.

Hinweis: Wenn Sie unsicher sind, welche Aufzeichnungen Sie machen müssen, beraten wir Sie gerne.

 

Verfahrensrecht: Keine Pfändung der Coronasoforthilfe

Wer hätte Anfang des Jahres gedacht, was da auf uns zukommt und welche Auswirkungen ein Virus auf unser Leben haben kann, und zwar neben unserem sozialen auch auf das wirtschaftliche Leben. Der Staat hatte für einige Bereiche beschlossen, dass Geschäfte geschlossen werden müssen oder Dienstleistungen nicht mehr angeboten werden dürfen. Als Ausgleich gab es von den Bundesländern bestimmte Soforthilfen, die die Unternehmen über Wasser halten sollten. Aber was gilt für die Sofort­hilfen, wenn das Finanzamt gegenüber dem Unternehmer noch Forderungen hat? Dies musste das Finanzgericht Münster (FG) entscheiden.

Der Antragsteller betreibt einen Reparaturservice und erzielt hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Aufgrund der Coronapandemie erhielt er keine Aufträge mehr. Daher beantragte er am 27.03.2020 beim Land Nordrhein-Westfalen eine Coronasoforthilfe von 9.000 € für Kleinstunternehmer und Solo­selbständige. Diese wurde mit Bescheid vom selben Tag auch bewilligt und auf das Girokonto des Antragstellers überwiesen. Für das Konto bestand allerdings eine Pfändungs- und Einziehungs­verfügung des Finanzamts wegen Umsatzsteuerschulden aus den Jahren 2017 bis 2019. Daher ver­weigerte die Bank die Auszahlung der Coronasoforthilfe. Der Antragsteller begehrte daraufhin die einstweilige Einstellung der Pfändung.

Das FG gab dem Antrag statt. Das Finanzamt musste die Pfändung des Kontos aufheben und eine weitere Kontopfändung bis zum 27.06.2020 einstellen. Es bestand ein Rechtsschutzbedürfnis, da die Coronasoforthilfe nicht von den zivilrechtlichen Pfändungsschutzregelungen erfasst wird. Die Vollstreckung und Aufrechterhaltung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung bedeutete einen un­angemessenen Nachteil für den Antragsteller, da die Bank aufgrund dessen die Coronasoforthilfe nicht auszahlte. Durch die Pfändung wird also der Zweck der Coronasoforthilfe beeinträchtigt. Sie dient nämlich zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen, die seit dem 01.03.2020 im Zusam­menhang mit der Coronapandemie entstanden sind. Nicht umfasst sind davon vor dem 01.03.2020 entstandene wirtschaftliche Schwierigkeiten bzw. Liquiditätsengpässe oder etwa auch (Alt-)Steuer­schulden. Ein Nachweis über die Verwendung der Soforthilfe war nicht notwendig. Da die Soforthilfe mit Bescheid vom 27.03.2020 für einen Zeitraum von drei Monaten gewährt wurde, war die Vollstreck­ung bis zum 27.06.2020 einzustellen.

Hinweis: Gerne beantworten wir Ihnen alle Fragen zu Hilfen und Förderungen im Rahmen der Coronapandemie.

 

Betriebsstättenverluste: Kehrtwende beim Abzug finaler Verluste?

Grenzüberschreitende Sachverhalte sind per se mit einer höheren steuerlichen Komplexität behaftet als rein nationale. Das liegt u.a. daran, dass i.d.R. zwei bzw. mehrere unterschiedliche nationale Steu­ergesetze zu berücksichtigen sind. Dazu kommen ggf. noch die Regelungen der Doppelbesteuerungs­abkommen. Ein Thema ist jedoch seit jeher besonders komplex und vor allem wechselhaft, und zwar die sogenannten finalen Verluste bei ausländischen Betriebsstätten.

In einem vom Finanzgericht Niedersachsen entschiedenen Fall unterhielt eine in Deutschland ansässi­ge GmbH eine Geschäftsfiliale in Polen (Betriebsstätte). Die Filiale erwirtschaftete in den letzten Jah­ren stetig Verluste ohne realistische Chance auf einen Turnaround. Die Geschäftsführung beschloss, die polnische Filiale zu schließen und diese aufzugeben. Weitere unternehmerische Aktivitäten in Polen bestanden nicht und waren auch nicht geplant. Für die Betriebsstätte in Polen waren bis zu ihrer Schließung Verlustvorträge in Polen festzustellen, ebenso wie in Deutschland – vor dem Hinter­grund, diese mit möglichen Gewinnen in der Zukunft verrechnen zu können. Sobald die Filiale ge­schlossen wird, besteht diese Möglichkeit jedoch nicht mehr und die Verluste werden final.

Für die Frage, ob solche ausländischen finalen Verluste in Deutschland abgezogen werden können, hält die Rechtsprechung allerdings ganz unterschiedliche Antworten bereit. In der jüngeren Ver­gangenheit urteilten sowohl der Europäische Gerichtshof als auch der Bundesfinanzhof (BFH) ableh­nend. Im Jahr 2018 entschieden dagegen hessische Finanzrichter, dass ein Abzug möglich sei. Die­sem Duktus schlossen sich nun die niedersächsischen Richter an. Die Besteuerung nach der wirt­schaftlichen Leistungsfähigkeit verlange, dass finale Verluste aus dem EU-/EWR-Raum grenzüber­schreitend beim inländischen Stammhaus abgezogen werden könnten.

Hinweis: Entsprechende Fälle sollten in jedem Fall offengehalten werden. Derzeit sind beim BFH nämlich gleich fünf Verfahren anhängig, in denen es um vergleichbare Sachverhalte geht. Gege­benenfalls könnten die finanzgerichtlichen Urteile zu einer Rückkehr der Abzugsfähigkeit solcher Verluste führen.

Mandanteninformationen für September 2020

A. Missbrauchsrechtsprechung des EuGH: Auswirkungen bei Ausfuhrlieferungen

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat sich mit Schreiben vom 25.06.2020 zur Anwendung der sogenannten Missbrauchsrechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bei Ausfuhrliefe­rungen geäußert. In diesem Kontext wurde der Umsatzsteuer-Anwendungserlass geändert.

Nach der jüngsten Rechtsprechung des EuGH ist die Missbrauchsrechtsprechung zu innergemein­schaftlichen Lieferungen generell auch bei Ausfuhrlieferungen anzuwenden. Sofern materiell-rechtliche Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung erfüllt sind, kann es unschädlich sein, wenn nur einzelne formelle Kriterien des Buch- und Belegnachweises nicht vorliegen.

In seinem aktuellen Schreiben verweist das BMF explizit auf die EuGH-Rechtsprechung und erläutert zwei Fälle, in denen das Nichtvorliegen der formellen Voraussetzungen zur Versagung der Umsatz­steuerbefreiung führen kann.

Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass wurde aufgrund dieser Rechtsprechung geändert.

Hinweis: Die Grundsätze dieses Schreibens sind auf alle offenen Fälle anzuwenden.

B. Einkommensteuer: Kein Wahlrecht zur nachgelagerten Besteuerung von Renten bei Betriebsaufgabe

Verkauft man ein Unternehmen, kann man vereinbaren, dass man statt eines Einmalbetrags laufende Zahlungen erhält (z.B. über einen Zeitraum von zehn Jahren monatlich einen bestimmten Betrag). Der Verkäufer kann dann wählen, ob er den Veräußerungspreis sofort oder die Rentenzahlungen jährlich versteuern will. Aber gilt dieses Wahlrecht auch, wenn man den Betrieb vor der Veräußerung aufge­geben hat? Dies musste das Finanzgericht Schleswig-Holstein (FG) entscheiden.

Die Klägerin betrieb einen Steinmetzbetrieb, den sie Ende 2013 krankheitsbedingt aufgab. Ab dem 01.01.2013 bezog sie Renten wegen Berufsunfähigkeit aus privaten Versicherungen. Die Klägerin veräußerte den Geschäftsbetrieb gegen eine ab Januar 2014 zu zahlende lebenslange Rente an die A-GmbH. Ausgenommen von der Veräußerung waren das zum Anlagevermögen gehörende Betriebs­grundstück sowie weitere, nichtwesentliche Betriebsgrundlagen. Übertragungsstichtag war der 02.01.2014. Für die ins Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter ermittelte die Klägerin einen unstreitigen Entnahmegewinn. Sie war der Meinung, dass nur dieser der sofortigen Besteuerung unterliege. Für die Rentenzahlungen stünde ihr ein Wahlrecht zur Besteuerung in den entspreche­nden Jahren zu. Das Finanzamt war aber der Ansicht, dass dies bei einer Betriebsaufgabe nicht in Frage kommt.

Das FG sah das genauso. Das Finanzamt hatte den kompletten Betriebsaufgabegewinn im Jahr 2014 zutreffend mit dem ermäßigten Steuersatz besteuert und die Anwendung des Wahlrechts abgelehnt. Die Betriebsveräußerung ist von der Betriebsaufgabe abzugrenzen. Erstere setzt voraus, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang auf den Erwerber übertragen werden und gleichzeitig die bisher in dem Betrieb entfaltete gewerbliche Tätigkeit des Veräußerers endet. Die Klägerin hatte im Streitjahr 2014 den Betrieb aufgegeben, da sie das Betriebsgrundstück als wesentliche Betriebsgrundlage ins Privatvermögen überführte und die übrigen wesentlichen Betriebsgrundlagen an die A-GmbH veräußerte. Der Gewinn ist im Streitjahr 2014 entstanden, da Übertragungsstichtag der 02.01.2014 war. Das Wahlrecht zur nachgelagerten Besteuerung der Rentenzahlungen der A-GmbH findet jedoch bei einer Betriebsaufgabe keine Anwendung.

Hinweis: Die Veräußerung eines Unternehmens ist eine komplizierte Angelegenheit. Wir beraten Sie dabei gerne.

 

C. Erbschaftsteuer: Keine Berücksichtigung einer ertragsteuerlichen Rückwirkung

Wenn jemand stirbt und etwas vererbt, muss festgestellt werden, wie hoch das Erbe ist. Denn davon hängt auch die zu zahlende Erbschaftsteuer ab. An sich ist natürlich der Todestag der Stichtag. Aber wie ist es, wenn sich ein Ereignis nach dem Tod rückwirkend auf einen Tag vor dem Tod auswirkt? Was ist dann entscheidend? Dies musste das Finanzgericht München (FG) klären.

Der Kläger war alleiniger Kommanditist der A-GmbH & Co. KG. Sein Vater war alleiniger Kommandi­tist der B-GmbH & Co. KG. Die A-GmbH & Co. KG übertrug ihr Vermögen als Ganzes auf die B GmbH & Co. KG. Der Verschmelzungsstichtag war gemäß Verschmelzungsvertrag der 01.01.2013. Aller­dings erfolgte die Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister erst am 30.07.2013. Der Vater des Klägers verstarb am 05.06.2013. Der Kläger war der Alleinerbe. Das Finanzamt erließ einen Feststellungsbescheid für Zwecke der Erbschaftsteuer und legte dabei den Wert der Anteile des Vaters an der B-GmbH & Co. KG vor der Verschmelzung zugrunde. Nach Ansicht des Klägers war zum Todestag des Vaters der Wert der Anteile des Vaters nach der Verschmelzung relevant, da der Verschmelzungsstichtag vor dem Todestag lag.

Die Klage vor dem FG war nicht erfolgreich. Zu Recht wurden dem Feststellungsbescheid die am Todestag des Vaters wirksamen Verhältnisse zugrunde gelegt. Am 05.06.2013 war die A-GmbH & Co. KG eben noch nicht auf die B-GmbH & Co. KG verschmolzen. Die dafür notwendige Handelsregister­eintragung erfolgte erst am 30.07.2013. Damit war Gegenstand des Erwerbs des Klägers von Todes wegen der Anteil seines Vaters an der B-GmbH & Co. KG vor der Verschmelzung. Für die Erbschaft­steuer ist die ertragsteuerliche Beurteilung nicht relevant. Es kommt allein auf die zivilrechtliche Rechtslage an. Das für die Erbschaftsteuer relevante Vermögen beurteilt sich ausschließlich nach zivil- bzw. erbschaftsteuerrechtlich maßgeblichen Verhältnissen zum Bewertungsstich­tag. Zwar gibt es im Umwandlungssteuerrecht eine Regelung, dass z.B. für die Körperschaft­steuer der Verschmelzungsstichtag, also hier der 01.01.2013, relevant ist. Diese Regelung gilt aller­dings nicht für die Erbschaftsteuer.

Hinweis: Bei Fragen zur Umwandlung von Unternehmen und deren möglichen Konsequenzen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

D. Nur ein Arbeitsweg pro Tag: Entfernungspauschale wird hälftig gewährt

Arbeitnehmer können für jeden Arbeitstag, an dem sie ihre erste Tätigkeitsstätte aufsuchen, eine Entfernungspauschale von 0,30 € als Werbungskosten abziehen. Dieser Satz wird für jeden vollen Entfernungskilometer gewährt, der zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte liegt.

Beispiel:
Ein Arbeitnehmer pendelt arbeitstäglich von seiner Wohnung zu seiner Tätigkeitsstätte und zu­rück. Die einfache Entfernung beträgt 20 km (kürzeste Straßenverbindung). Das Finanzamt ge­währt pro Arbeitstag (also für Hin- und Rückfahrt) eine Entfernungspauschale von 6 € (20 km × 0,30 €).

Ein Flugbegleiter aus Nordrhein-Westfalen wollte kürzlich gerichtlich durchsetzen, dass er die Entfer­nungspauschale von 0,30 € auch für Tage erhält, an denen er entweder nur einen Hin- oder nur einen Rückweg zurückgelegt hat. Konkret ging es um 31 Arbeitstage, an denen er von seiner Woh­nung zum Flughafen (erste Tätigkeitsstätte) gefahren war und von dort eine mindestens eintägige Flugreise angetreten hatte. Erst an einem der folgenden Tage war er vom Flughafen wieder zurück zu seiner Wohnung gefahren.

Der Bundesfinanzhof urteilte nun jedoch, dass ihm für die Arbeitstage mit einfach gefahrener Pendel­strecke nur die halbierte Entfernungspauschale von 0,15 € zustand. Die Bundesrichter verwiesen darauf, dass bereits die seit dem Jahr 1967 geltende Kilometerpauschale von 0,36 DM zwei Fahrten pro Tag abgegolten habe und der Gesetzgeber dabei vom Normalfall ausgegangen sei, dass einem Arbeitnehmer täglich Kosten für zwei beruflich veranlasste Fahrten entstünden. Von diesem Leitbild sei der Gesetzgeber bis heute nicht abgerückt.

Hinweis: Ein Arbeitnehmer, der wie der Kläger nur eine Wegstrecke an einem Arbeitstag zurück­legt (entweder Hin- oder Rückweg), kann folglich nur die halbe Pauschale als Werbungskosten abziehen.

 

 E. Lohnsteuer: Geldwerter Vorteil eines Firmenwagens

Wird ein Firmenwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt, ist hierfür ein geldwerter Vorteil zu ermitteln. Bekannterweise muss dieser dann der Steuer unterworfen werden. So weit, so gut. Aber wie ermittelt man diesen geldwerten Vorteil? Vor allem, wenn der Wagen nicht täglich für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt wird? Das Finanzgericht Nürnberg (FG) musste in einem solchen Fall entscheiden.

Der Kläger war in den Jahren 2012 bis 2016 im Außendienst tätig. Den überlassenen Dienstwagen nutzte er auch für private Fahrten sowie für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Im Lohnsteuerabzugsverfahren wurde der private Anteil für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeits­stätte mit monatlich 0,03 % des Bruttolistenpreises des Firmenfahrzeugs berechnet. Anhand eines Kalenders zeichnete der Kläger die privat gefahrenen Kilometer auf. Für die in den Einkommensteuer­erklärungen angegebenen Tage, an denen er zur ersten Tätigkeitsstätte gefahren war, erkannte das Finanzamt Werbungskosten in Höhe der Entfernungspauschale ohne Abweichungen an. Eine Einzel­bewertung des geldwerten Vorteils anhand der tatsächlich durchgeführten Fahrten mit 0,002 % des Bruttolistenpreises je Entfernungskilometer und je Fahrt lehnte es ab, da der Kläger nicht fahrzeug­bezogen mit Datumsangabe habe darlegen können, an welchen Tagen er den Dienstwagen tatsäch­lich für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt habe.

Das FG gab dem Kläger hinsichtlich der Bewertung des geldwerten Vorteils recht. Grundsätzlich ist die Ermittlung des Zuschlags für die Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs für Fahrten zwischen Woh­nung und erster Tätigkeitsstätte kalendermonatlich mit 0,03 % des Bruttolistenpreises des Fahrzeugs für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte vorzunehmen. Eine Einzelbewertung des Zuschlags anhand der tatsächlich durchgeführten Fahrten ist nach der Recht­sprechung des  BFH möglich. An der Anzahl der für die Werbungskosten relevanten Fahrten hatte das Finanzamt keine Zweifel. Nach Ansicht des Gerichts erfordert die Einzelbewertung des geldwerten Vorteils keine datumsgenaue Angabe der durchgeführten Fahrten. Aus den Kalendereintragun­gen ließen sich die tatsächlich durchgeführten Fahrten entnehmen. Es könnten keine unterschied­lichen Anforderungen an den Nachweis ein und desselben Sachverhalts in Bezug auf Wer­bungskosten einerseits und geldwerten Vorteil andererseits gestellt werden.

Hinweis: Bei lohnsteuerlichen Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Verkauft man ein Unternehmen, kann man vereinbaren, dass man statt eines Einmalbetrags laufende Zahlungen erhält (z.B. über einen Zeitraum von zehn Jahren monatlich einen bestimmten Betrag). Der Verkäufer kann dann wählen, ob er den Veräußerungspreis sofort oder die Rentenzahlungen jährlich versteuern will. Aber gilt dieses Wahlrecht auch, wenn man den Betrieb vor der Veräußerung aufge­geben hat? Dies musste das Finanzgericht Schleswig-Holstein (FG) entscheiden.

Die Klägerin betrieb einen Steinmetzbetrieb, den sie Ende 2013 krankheitsbedingt aufgab. Ab dem 01.01.2013 bezog sie Renten wegen Berufsunfähigkeit aus privaten Versicherungen. Die Klägerin veräußerte den Geschäftsbetrieb gegen eine ab Januar 2014 zu zahlende lebenslange Rente an die A-GmbH. Ausgenommen von der Veräußerung waren das zum Anlagevermögen gehörende Betriebs­grundstück sowie weitere, nichtwesentliche Betriebsgrundlagen. Übertragungsstichtag war der 02.01.2014. Für die ins Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter ermittelte die Klägerin einen unstreitigen Entnahmegewinn. Sie war der Meinung, dass nur dieser der sofortigen Besteuerung unterliege. Für die Rentenzahlungen stünde ihr ein Wahlrecht zur Besteuerung in den entspreche­nden Jahren zu. Das Finanzamt war aber der Ansicht, dass dies bei einer Betriebsaufgabe nicht in Frage kommt.

Das FG sah das genauso. Das Finanzamt hatte den kompletten Betriebsaufgabegewinn im Jahr 2014 zutreffend mit dem ermäßigten Steuersatz besteuert und die Anwendung des Wahlrechts abgelehnt. Die Betriebsveräußerung ist von der Betriebsaufgabe abzugrenzen. Erstere setzt voraus, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang auf den Erwerber übertragen werden und gleichzeitig die bisher in dem Betrieb entfaltete gewerbliche Tätigkeit des Veräußerers endet. Die Klägerin hatte im Streitjahr 2014 den Betrieb aufgegeben, da sie das Betriebsgrundstück als wesentliche Betriebsgrundlage ins Privatvermögen überführte und die übrigen wesentlichen Betriebsgrundlagen an die A-GmbH veräußerte. Der Gewinn ist im Streitjahr 2014 entstanden, da Übertragungsstichtag der 02.01.2014 war. Das Wahlrecht zur nachgelagerten Besteuerung der Rentenzahlungen der A-GmbH findet jedoch bei einer Betriebsaufgabe keine Anwendung.

Hinweis: Die Veräußerung eines Unternehmens ist eine komplizierte Angelegenheit. Wir beraten Sie dabei gerne.

 

C. Erbschaftsteuer: Keine Berücksichtigung einer ertragsteuerlichen Rückwirkung

Wenn jemand stirbt und etwas vererbt, muss festgestellt werden, wie hoch das Erbe ist. Denn davon hängt auch die zu zahlende Erbschaftsteuer ab. An sich ist natürlich der Todestag der Stichtag. Aber wie ist es, wenn sich ein Ereignis nach dem Tod rückwirkend auf einen Tag vor dem Tod auswirkt? Was ist dann entscheidend? Dies musste das Finanzgericht München (FG) klären.

Der Kläger war alleiniger Kommanditist der A-GmbH & Co. KG. Sein Vater war alleiniger Kommandi­tist der B-GmbH & Co. KG. Die A-GmbH & Co. KG übertrug ihr Vermögen als Ganzes auf die B GmbH & Co. KG. Der Verschmelzungsstichtag war gemäß Verschmelzungsvertrag der 01.01.2013. Aller­dings erfolgte die Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister erst am 30.07.2013. Der Vater des Klägers verstarb am 05.06.2013. Der Kläger war der Alleinerbe. Das Finanzamt erließ einen Feststellungsbescheid für Zwecke der Erbschaftsteuer und legte dabei den Wert der Anteile des Vaters an der B-GmbH & Co. KG vor der Verschmelzung zugrunde. Nach Ansicht des Klägers war zum Todestag des Vaters der Wert der Anteile des Vaters nach der Verschmelzung relevant, da der Verschmelzungsstichtag vor dem Todestag lag.

Die Klage vor dem FG war nicht erfolgreich. Zu Recht wurden dem Feststellungsbescheid die am Todestag des Vaters wirksamen Verhältnisse zugrunde gelegt. Am 05.06.2013 war die A-GmbH & Co. KG eben noch nicht auf die B-GmbH & Co. KG verschmolzen. Die dafür notwendige Handelsregister­eintragung erfolgte erst am 30.07.2013. Damit war Gegenstand des Erwerbs des Klägers von Todes wegen der Anteil seines Vaters an der B-GmbH & Co. KG vor der Verschmelzung. Für die Erbschaft­steuer ist die ertragsteuerliche Beurteilung nicht relevant. Es kommt allein auf die zivilrechtliche Rechtslage an. Das für die Erbschaftsteuer relevante Vermögen beurteilt sich ausschließlich nach zivil- bzw. erbschaftsteuerrechtlich maßgeblichen Verhältnissen zum Bewertungsstich­tag. Zwar gibt es im Umwandlungssteuerrecht eine Regelung, dass z.B. für die Körperschaft­steuer der Verschmelzungsstichtag, also hier der 01.01.2013, relevant ist. Diese Regelung gilt aller­dings nicht für die Erbschaftsteuer.

Hinweis: Bei Fragen zur Umwandlung von Unternehmen und deren möglichen Konsequenzen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

D. Nur ein Arbeitsweg pro Tag: Entfernungspauschale wird hälftig gewährt

Arbeitnehmer können für jeden Arbeitstag, an dem sie ihre erste Tätigkeitsstätte aufsuchen, eine Entfernungspauschale von 0,30 € als Werbungskosten abziehen. Dieser Satz wird für jeden vollen Entfernungskilometer gewährt, der zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte liegt.

Beispiel:
Ein Arbeitnehmer pendelt arbeitstäglich von seiner Wohnung zu seiner Tätigkeitsstätte und zu­rück. Die einfache Entfernung beträgt 20 km (kürzeste Straßenverbindung). Das Finanzamt ge­währt pro Arbeitstag (also für Hin- und Rückfahrt) eine Entfernungspauschale von 6 € (20 km × 0,30 €).

Ein Flugbegleiter aus Nordrhein-Westfalen wollte kürzlich gerichtlich durchsetzen, dass er die Entfer­nungspauschale von 0,30 € auch für Tage erhält, an denen er entweder nur einen Hin- oder nur einen Rückweg zurückgelegt hat. Konkret ging es um 31 Arbeitstage, an denen er von seiner Woh­nung zum Flughafen (erste Tätigkeitsstätte) gefahren war und von dort eine mindestens eintägige Flugreise angetreten hatte. Erst an einem der folgenden Tage war er vom Flughafen wieder zurück zu seiner Wohnung gefahren.

Der Bundesfinanzhof urteilte nun jedoch, dass ihm für die Arbeitstage mit einfach gefahrener Pendel­strecke nur die halbierte Entfernungspauschale von 0,15 € zustand. Die Bundesrichter verwiesen darauf, dass bereits die seit dem Jahr 1967 geltende Kilometerpauschale von 0,36 DM zwei Fahrten pro Tag abgegolten habe und der Gesetzgeber dabei vom Normalfall ausgegangen sei, dass einem Arbeitnehmer täglich Kosten für zwei beruflich veranlasste Fahrten entstünden. Von diesem Leitbild sei der Gesetzgeber bis heute nicht abgerückt.

Hinweis: Ein Arbeitnehmer, der wie der Kläger nur eine Wegstrecke an einem Arbeitstag zurück­legt (entweder Hin- oder Rückweg), kann folglich nur die halbe Pauschale als Werbungskosten abziehen.

 

 E. Lohnsteuer: Geldwerter Vorteil eines Firmenwagens

Wird ein Firmenwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt, ist hierfür ein geldwerter Vorteil zu ermitteln. Bekannterweise muss dieser dann der Steuer unterworfen werden. So weit, so gut. Aber wie ermittelt man diesen geldwerten Vorteil? Vor allem, wenn der Wagen nicht täglich für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt wird? Das Finanzgericht Nürnberg (FG) musste in einem solchen Fall entscheiden.

Der Kläger war in den Jahren 2012 bis 2016 im Außendienst tätig. Den überlassenen Dienstwagen nutzte er auch für private Fahrten sowie für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Im Lohnsteuerabzugsverfahren wurde der private Anteil für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeits­stätte mit monatlich 0,03 % des Bruttolistenpreises des Firmenfahrzeugs berechnet. Anhand eines Kalenders zeichnete der Kläger die privat gefahrenen Kilometer auf. Für die in den Einkommensteuer­erklärungen angegebenen Tage, an denen er zur ersten Tätigkeitsstätte gefahren war, erkannte das Finanzamt Werbungskosten in Höhe der Entfernungspauschale ohne Abweichungen an. Eine Einzel­bewertung des geldwerten Vorteils anhand der tatsächlich durchgeführten Fahrten mit 0,002 % des Bruttolistenpreises je Entfernungskilometer und je Fahrt lehnte es ab, da der Kläger nicht fahrzeug­bezogen mit Datumsangabe habe darlegen können, an welchen Tagen er den Dienstwagen tatsäch­lich für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt habe.

Das FG gab dem Kläger hinsichtlich der Bewertung des geldwerten Vorteils recht. Grundsätzlich ist die Ermittlung des Zuschlags für die Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs für Fahrten zwischen Woh­nung und erster Tätigkeitsstätte kalendermonatlich mit 0,03 % des Bruttolistenpreises des Fahrzeugs für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte vorzunehmen. Eine Einzelbewertung des Zuschlags anhand der tatsächlich durchgeführten Fahrten ist nach der Recht­sprechung des  BFH möglich. An der Anzahl der für die Werbungskosten relevanten Fahrten hatte das Finanzamt keine Zweifel. Nach Ansicht des Gerichts erfordert die Einzelbewertung des geldwerten Vorteils keine datumsgenaue Angabe der durchgeführten Fahrten. Aus den Kalendereintragun­gen ließen sich die tatsächlich durchgeführten Fahrten entnehmen. Es könnten keine unterschied­lichen Anforderungen an den Nachweis ein und desselben Sachverhalts in Bezug auf Wer­bungskosten einerseits und geldwerten Vorteil andererseits gestellt werden.

Hinweis: Bei lohnsteuerlichen Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Mandanteninformationen für August 2020

A.  Ansässigkeit im Ausland:
Kleinunternehmerregelung ist nicht anwendbar

Unternehmer mit niedrigen Umsätzen können die sogenannte Kleinunternehmerregelung des deutschen Umsatzsteuergesetzes in Anspruch nehmen, sodass bei ihnen keine Umsatzsteuer erhoben wird. Sie können in diesem Fall auf den Ausweis und die Abführung der Umsatzsteuer verzichten, im Gegenzug aber auch keinen Vorsteuerabzug aus Rechnungen anderer Unternehmer geltend machen.

Nutzbar ist diese Regelung für Unternehmer, deren Umsatz (zzgl. Umsatzsteuer) im vorangegangenen Jahr 22.000 € nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 € voraussichtlich nicht übersteigen wird.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun entschieden, dass die deutsche Kleinunternehmerregelung bei einer Ansässigkeit des Unternehmers im Ausland nicht anwendbar ist. Geklagt hatte eine italienische Staatsangehörige mit Wohnsitz in Italien, die in Deutschland eine Wohnung über Internetportale vermietete. Das deutsche Finanzamt berechnete Umsatzsteuer auf die erzielten Vermietungsumsätze, wogegen die Frau klagte. Sie wollte unter die deutsche Kleinunternehmerregelung gefasst werden und machte geltend, dass sie sich bei ihren Aufenthalten in Deutschland persönlich um die Verwaltung und Instandhaltung der Wohnung gekümmert habe.

Der BFH lehnte dies jedoch ab und urteilte, dass die Frau aufgrund ihrer Ansässigkeit im Ausland nicht zur Inanspruchnahme der Regelung berechtigt war. Die Bundesrichter verwiesen auf die Mehrwertsteuersystemrichtlinie und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, wonach sich die Kleinunternehmerregelung auf Unternehmer beschränkt, die im Mitgliedstaat der Leistungserbringung ansässig sind.

B. Investitionsabzugsbeträge: BFH beleuchtet die Regeln zur Rückgängigmachung

Mit der Bildung eines Investitionsabzugsbetrags (IAB) können Unternehmer die steuermindernde Wirkung einer betrieblichen Investition in die Zeit vor der Anschaffung vorverlegen und sich so einen Liquiditätsvorteil verschaffen.

In einem Altfall aus dem Jahr 2008 hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) nun zur Rückgängigmachung eines IAB wegen einer unterbliebenen Hinzurechnung im Investitionsjahr geäußert.

Im zugrunde liegenden Sachverhalt hatte ein Unternehmer in seiner Gewinnermittlung 2008 zunächst einen außerbilanziellen IAB von 12.491 € geltend gemacht. Das Finanzamt hatte erklärungsgemäß veranlagt. Im Folgejahr erwarb der Unternehmer dann einen Pkw, ein Aquarium und einen Drucker für seinen Betrieb und minderte die Anschaffungskosten dieser Wirtschaftsgüter innerbilanziell um jeweils 40 %, was in der Summe dem zuvor geltend gemachten Abzugsbetrag entsprach. Die gebotene außerbilanzielle Hinzurechnung des IAB nahm er 2009 jedoch nicht vor. Das Finanzamt folgte den Angaben des Unternehmers und veranlagte ihn auch für das Jahr 2009 ohne Vorbehalt der Nachprüfung, sodass der Bescheid bestandskräftig wurde.

Im Nachgang bemerkte das Finanzamt die fehlerhafte Behandlung im Jahr 2009 und erließ daraufhin einen geänderten Bescheid für 2008, in dem es den Gewinn um 12.491 € erhöhte (Rückgängigmachung des Abzugsbetrags im Bildungsjahr). Der Unternehmer wollte diese „Rolle rückwärts“ abwenden und zog vor den BFH. Die Bundesrichter hielten die Änderung des Steuerbescheids 2008 jedoch für zulässig. Nach ihrem Urteil darf ein IAB rückgängig gemacht werden, wenn der Unternehmer im späteren Jahr der Investition zwar den (innerbilanziellen) Abzug von 40 % der Anschaffungskosten vornimmt, es aber unterlässt, den in einem Vorjahr abgezogenen IAB außerbilanziell wieder hinzuzurechnen.

Hinweis: Das Urteil des BFH ist auch für die aktuelle Rechtslage relevant, denn die Korrekturregelung für IAB hat sich nicht grundlegend verändert.

C. Organschaft: Gibt es außerorganschaftlich verursachte Mehr-/Minderabführungen?

Die ertragsteuerliche Organschaft wird in der Literatur häufig als Kern des Konzernsteuerrechts bezeichnet. Die steuerlichen Vorteile sind beträchtlich:

Leider verlangt die Organschaft dem steuerlichen Anwender jedoch einiges ab. Selbst wenn die hohen formalen Hürden genommen werden, ist die buchhalterische und steuererklärungstechnische Umsetzung schwierig. Ein bekanntes Minenfeld stellen dabei sogenannte vororganschaftlich und organschaftlich verursachte Mehr- bzw. Minderabführungen dar. Diese entstehen bei Abweichungen zwischen der Handels- und der Steuerbilanz.

Als ob dies nicht schon schwierig genug wäre, konstruiert die Finanzverwaltung auch noch außerorganschaftlich verursachte Mehr- bzw. Minderabführungen, die zum Teil von der Literatur vehement verneint werden.

In einem Fall vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz erteilten die Richter zumindest in einem Punkt der Meinung der Finanzverwaltung eine Absage: Dort wurden zwei Tochtergesellschaften einer Kapitalgesellschaft im Jahr 2008 auf diese verschmolzen (Aufwärtsverschmelzung), zu den beiden Gesellschaften bestand keine Organschaft. Die übernehmende Kapitalgesellschaft war jedoch bereits seit 2007 ihrerseits Organgesellschaft der Klägerin.

Zutreffend wurde handelsrechtlich ein sogenanntes Step-up vorgenommen, d.h., es wurden die Verkehrswerte angesetzt, während steuerlich die Buchwerte verwendet wurden. Dadurch kam es zu einer Mehrabführung. Während die Beteiligten sich über diesen Punkt einig waren, stritten sie über die Frage, ob die Ursache dieser Mehrabführung in der organschaftlichen Zeit (so die Klägerin) oder in der vororganschaftlichen Zeit (so das Finanzamt) lag.

Die Rechtsfolgen sind völlig unterschiedlich, denn nur bei einer vororganschaftlichen Verursachung fingiert das Gesetz eine Ausschüttung, die bei der Klägerin zu einem Gewinn von ca. 600.000 € geführt hätte.

Die Richter teilten jedoch die Meinung der Klägerin und lehnten grundsätzlich für diesen Fall eine außer- bzw. vororganschaftliche Verursachung ab. Die gesetzliche Formulierung lasse nicht den Schluss zu, dass das Merkmal in „vororganschaftlicher Zeit“ mehr als eine rein zeitliche Interpretation zulasse.

Hinweis: Das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen. Das Finanzamt hat Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt, dort ist das Verfahren anhängig.

D. Lohnsteuer: Pauschalsteuer bei Betriebsveranstaltung nur für Führungskräfte

Eine Jahresabschlussfeier in einem Unternehmen ist immer eine schöne Sache. Die Kollegen kommen in entspannter Runde zusammen, feiern und beschließen das Jahr. Der Arbeitgeber übernimmt die Kosten. Da der Arbeitnehmer in diesem Fall etwas vom Arbeitgeber erhält, ist dies eigentlich lohnsteuerpflichtig. Der Arbeitgeber kann jedoch aus Vereinfachungsgründen eine pauschale Steuer für die Kosten der Betriebsveranstaltung entrichten. Aber ist dies auch möglich, wenn die Feier nicht für alle Mitarbeiter, sondern nur für die Führungskräfte ausgerichtet wird? Dies musste das Finanzgericht Münster (FG) entscheiden.

Die Klägerin veranstaltete im Jahr 2015 eine Jahresabschlussfeier, zu der nur bei ihr angestellte Führungskräfte eingeladen worden waren. Die Kosten von insgesamt etwa 17.000 € entfielen auf Speisen, Getränke, Dekoration und Unterhaltungsangebote. Die Klägerin versteuerte diesen Betrag pauschal mit 25 %, da es sich nach ihrer Ansicht um eine Betriebsveranstaltung handelte. Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung kam das Finanzamt im Jahr 2018 zu dem Ergebnis, dass die Veranstaltung nachzuversteuern sei, weil nicht alle Mitarbeiter daran hätten teilnehmen dürfen.

Die Klage vor dem FG war nicht erfolgreich. Bei der Jahresabschlussfeier handelt es sich zwar um eine Veranstaltung auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltung). Die Aufwendungen von ca. 17.000 € führen bei den teilnehmenden Arbeitnehmern anteilig zu auf sie entfallendem Arbeitslohn. Dieser wurde aber nicht aus Anlass einer pauschalierungsfähigen Betriebsveranstaltung gezahlt, da dies nur der Fall ist, wenn die Teilnahme allen Betriebsangehörigen offensteht. Im Streitfall durften an der Veranstaltung jedoch nur die Führungskräfte teilnehmen. Da diese somit nicht allen Mitarbeitern offenstand, waren die Voraussetzungen der Pauschalierung nicht gegeben.

Hinweis: Wir prüfen gerne für Sie, ob bei Ihrer Betriebsveranstaltung die Voraussetzungen für die Pauschalierung der Lohnsteuer vorliegen.

E. Aufteilung der Steuerschuld: Zahlung laufender Hauskosten stellt keine unentgeltliche Zuwendung dar

Zusammen veranlagte Ehegatten können beim Finanzamt eine Aufteilung der Steuerschuld beantragen, sodass die Vollstreckung gegen jeden Einzelnen jeweils auf den Steuerbetrag beschränkt wird, der auf ihn entfällt. Die Aufteilung erfolgt nach dem Verhältnis der Steuerbeträge, die sich bei einer Einzelveranlagung ergeben würden.

Sofern sich Eheleute untereinander unentgeltlich Vermögensgegenstände zuwenden, kann der Zuwendungsempfänger über seinen Aufteilungsbetrag hinaus vom Finanzamt in Anspruch genommen werden – und zwar bis zur Höhe des gemeinen Werts der Zuwendung.

Der Bundesfinanzhof hat jetzt entschieden, dass keine unentgeltliche Zuwendung in diesem Sinne vorliegt, wenn der Alleinverdiener-Ehegatte alle laufenden Kosten des gemeinsam bewohnten Hauses der Eheleute zahlt. Dies gilt selbst dann, wenn das Haus im Alleineigentum des anderen Ehegatten steht.

Hinweis: Mit dem Urteil blieb der Vorstoß eines Finanzamts aus NRW erfolglos, eine Ehefrau ohne eigene Einkünfte (mit Steuerbetrag nach Aufteilung von 0 €) wegen der Kostentragung ihres alleinverdienenden Ehemanns mit einem Betrag von rund 53.000 € in Anspruch zu nehmen.

Mandanteninformationen für Juli 2020

A.  EuGH-Vorlage: Ausübung des Zuordnungswahlrechts zum Unternehmensvermögen

Ein Unternehmer hat bei Anschaffung eines Gegenstands bzw. Gebäudes ein Wahlrecht, ob eine Zuordnung zum Privat- oder Betriebsvermögen erfolgen soll. Dieses Wahlrecht ist grundsätzlich be­reits bei Anschaffung auszuüben. Aus praktischen Gründen kann jedoch eine zeitnahe Zuordnung auch erst mit Abgabe der Umsatzsteuer-Jahreserklärung erfolgen. Dabei ist gemäß der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) die Abgabefrist (31. Juli des Folgejahrs) einzuhalten.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nun in mehreren laufenden Verfahren über diese bisherige Umsetzung zu entscheiden. Strittig ist, ob die Frist unionsrechtlich gerechtfertigt ist, und ferner, ob eine Zuordnung zum Privatvermögen erfolgen darf, soweit keine Anzeichen für eine unternehmerische Zuordnung vorliegen.

Im Streitfall unterhielt der Kläger einen Gerüstbaubetrieb. Er errichtete ein Einfamilienhaus mit einem Arbeitszimmer (Fertigstellung im Jahr 2015). Erst in der im September 2016 eingereichten Umsatz­steuer-Jahreserklärung für das Jahr 2015 – also nach Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist – machte er für die Errichtung des Arbeitszimmers anteilig den Vorsteuerabzug geltend. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug wegen der nicht rechtzeitig erfolgten Zuordnung des Arbeitszimmers zum Unter­nehmensvermögen.

Die anschließende Klage hatte keinen Erfolg. Der Streitfall landete beim BFH. Dieser vertrat im Vor­lagebeschluss die Auffassung, dass nach den von ihm zur Zuordnungsentscheidung entwickelten Kriterien die Revision des Klägers unbegründet sei. Es sei jedoch zweifelhaft, ob ein Mitgliedstaat eine Ausschlussfrist für die Zuordnung zum Unternehmensvermögen vorsehen dürfe. Mit dem Vorabentscheidungsersuchen soll zudem geklärt werden, welche Rechtsfolgen eine nicht rechtzeitig getroffene Zuordnungsentscheidung hat.

Der EuGH muss sich nun erstmalig mit der Frage auseinandersetzen, welche Rechtsfolge eintritt, wenn ein Unternehmer zwar ein Zuordnungswahlrecht hat, dieses jedoch nicht rechtzeitig ausübt. Es ist nun eine einheitliche, mit dem Unionsrecht zu vereinbarende Frist festzulegen. Es bleibt abzu­warten, ob der EuGH dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität oder dem Grundsatz der Rechtssicherheit den Vorzug gibt.

Hinweis: Es sollte dem Finanzamt weiterhin rechtzeitig, also bis zum 31. Juli des Folgejahrs, die Zuordnung zum Unternehmen nachweisbar mitgeteilt werden. Sofern diese Abgabefrist bereits abgelaufen ist, sollten Bescheide im Hinblick auf die zu erwartende Entscheidung des EuGH offengehalten werden.

B.  Umsatzsteuerpflichtige Leistung: Vermietung von Pkw-Stellplätzen an Wohnungsmieter steuerpflichtig?

Bei der Vermietung von Pkw-Stellplätzen an Wohnungsmieter handelt es sich um eine steuerpflichtige Leistung. Die Vermietung von Wohnungen an Privatpersonen ist jedoch umsatzsteuerfrei und berech­tigt nicht zum Vorsteuerabzug. Steuerpflichtige, aber untrennbar damit verbundene Nebenleistun­gen bilden mit der Vermietung oft eine einheitliche Leistung, die dann insgesamt nicht umsatz­steuerpflichtig ist. Das zeigt auch der folgende Fall, den das Finanzgericht Thüringen (FG) zu ent­scheiden hatte.

Hier ging es um die Frage, ob die Vermietung von Tiefgaragenstellplätzen an Wohnungsmieter als untrennbare Nebenleistung der umsatzsteuerfreien Wohnungsvermietung anzusehen oder ob diese umsatzsteuerpflichtig war und zum Vorsteuerabzug berechtigte. Der Kläger errichtete in den Jahren 2011 bis 2014 ein Gebäude mit der Absicht, dieses für steuerpflichtige Vermietungsumsätze zu verwenden. Deshalb nahm er aus den Eingangsrechnungen während der Errichtungsphase den Vorsteuerabzug vor. 2014 änderte er seine Nutzungsabsicht für das Gebäude und beabsichtigte nun­mehr eine überwiegend steuerfreie Vermietung. Die dem Gebäude zugehörigen Tiefgaragenstell­plätze wurden überwiegend an Wohnraummieter im Haus vermietet.

Das Finanzamt nahm eine einheitliche Leistung, bestehend aus Wohnraum- und Stellplatzvermie­tung, an, da die Stellplatzvermietung eine Nebenleistung zur Wohnraumvermietung darstelle und somit das umsatzsteuerliche Schicksal der steuerfreien Wohnraumvermietung teile. Bereits gezogene Vorsteuern seien zu berichtigen.

Die Klage vor dem FG hatte Erfolg. Es handle sich bei der Wohnraum- und Stellplatzvermietung nicht um eine einheitliche Leistung, da kein erforderlicher enger räumlicher Zusammenhang zwischen Wohnraum und Stellplatz vorliege. Der Zugang zu den Parkplätzen sei auch ohne Betreten des Wohnhauses möglich. Zudem verneinte das FG einen zwingenden wirtschaftlichen Zusammen­hang, da die Überlassung der Wohnungen unabhängig davon erfolge, ob für den Nutzer ein Parkplatz in Wohnungsnähe vorhanden sei. Der im Zusammenhang mit der Stellplatzvermietung vorgenomme­ne Vorsteuerabzug sei daher nicht zu berichtigen.

Hinweis: Die Revision ist beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängig. Sofern der BFH, in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung, dem FG folgt, müssten Vermieter die Stellplatzvermietung (auch wenn sie im Rahmen eines Wohnraummietverhältnisses erfolgt) als umsatzsteuerpflichtig behandeln. Nachteilige Festsetzungen hinsichtlich des Vorsteuerabzugs sollten offengehalten werden.

C.  Gewerbesteuer bei Grundstücksunternehmen: Was bei der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen zu beachten ist

Damit Grundbesitz des Betriebsvermögens nicht zugleich mit Grundsteuer und Gewerbesteuer be­lastet wird, dürfen Gewerbebetriebe bei der Berechnung ihres Gewerbeertrags (der Bemessungs­grundlage der Gewerbesteuer) eine pauschale Kürzung um 1,2 % des Einheitswerts ihres betrieb­lichen Grundbesitzes vornehmen. Sogenannte Grundstücksunternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten, erhalten eine umfassendere gewerbesteuerliche Entlastung und können ihren Gewerbeertrag um den Teil kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt.

Hinweis: Durch diese sogenannte erweiterte Kürzung sollen kraft Rechtsform gewerbesteuer­pflichtige Kapitalgesellschaften den vermögensverwaltenden Personenunternehmen gleichgestellt werden.

Vermietet ein Unternehmen neben Immobilien auch Betriebsvorrichtungen mit, schließt diese Tätig­keit nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung die erweiterte Kürzung aus – selbst wenn sie nur in geringfügigem Umfang erfolgt. Der Grund liegt darin, dass Betriebsvorrichtungen bewer­tungsrechtlich nicht zum Grundbesitz gehören.

Nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs entfällt die erweiterte Kürzung aber nicht, wenn ein Vertrag über die Vermietung eines Grundstücks mit einem noch zu errichtenden Gebäude vorsieht, dass die auf Betriebsvorrichtungen entfallenden Aufwendungen vom Mieter getragen und Betriebs­vorrichtungen nicht mit vermietet werden sollen. Das bedeutet, dass bei einzelnen Betriebsvorrich­tungen die darauf entfallenden Aufwendungen nicht herausgerechnet werden, sondern in die Her­stellungskosten des Gebäudes eingehen.

Hinweis: Die Frage, ob Betriebsvorrichtungen zum Gegenstand eines Mietvertrags gehören, muss nach zivilrechtlichen Kriterien beurteilt werden. Eine vom Wortlaut des Mietvertrags ab­weichende entgeltliche Nutzungsüberlassung kann vorliegen, wenn sie auf eine Vertragsänderung zurückgeht. Haben die für die Vertragsparteien handelnden Personen hierfür nicht die Vertre­tungsmacht, so kann eine schädliche Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen vorliegen, wenn die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis einer solchen Mitvermietung gleichwohl eintreten und bestehen lassen.

D.  Insolvenzverfahren: Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters entlässt Geschäftsführer nicht aus seiner Haftung

Gesetzliche Vertreter einer GmbH können vom Finanzamt in Haftung genommen werden, soweit Steuern der Gesellschaft wegen einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung nicht (rechtzeitig) festgesetzt wurden. Zu den Pflichten eines GmbH-Geschäftsführers gehört es u.a., für eine fristgerechte Anmeldung und Abführung der Lohnsteuer zu sorgen.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung stellt die unterbliebene Abführung einzubehalten­der und anzumeldender Lohnsteuer zu den gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten regelmäßig eine zu­mindest grob fahrlässige Verletzung der Geschäftsführerpflichten dar, sodass eine Haftungsinan­spruchnahme in Betracht kommt. Hieran ändern auch Zahlungsschwierigkeiten der GmbH nichts, denn reichen die zur Verfügung stehenden Geldmittel nicht zur Befriedigung der arbeitsrechtlich ge­schuldeten Löhne (einschließlich des in ihnen enthaltenen Steueranteils) aus, darf der Geschäftsfüh­rer die Löhne nur entsprechend gekürzt auszahlen und muss aus den dadurch übrig bleibenden Mit­teln zumindest die Lohnsteuer abführen, die auf die gekürzten (Netto-)Löhne entfällt.

Der Bundesfinanzhof hat jetzt entschieden, dass sich ein Geschäftsführer nicht aus der Haftung her­auswinden kann, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen seiner GmbH beantragt und ein vorläufiger Insolvenzverwalter unter Anordnung eines allgemeinen Zustimmungs­vorbehalts bestellt wurde. Nach Auffassung der Bundesrichter verbleibt die Verwaltungs- und Verfü­gungsbefugnis in diesem Fall beim gesetzlichen Vertreter der GmbH. Der Geschäftsführer kann nicht auf seine damalige Annahme verweisen, der vorläufige Insolvenzverwalter werde seine Zustimmung zur Abgabentilgung ohnehin verweigern. Wegen der erhöhten Anforderungen an den Geschäftsführer in der Krise einer GmbH ist im Regelfall eine entsprechende Anfrage an den vorläufigen Insolvenz­verwalter erforderlich, deren Nachweis dem Geschäftsführer obliegt.

E.  Wegzugsbesteuerung: Gegenmaßnahme Wertpapierdarlehen?

Die Wegzugsbesteuerung ist mitunter ein großes steuerliches Hindernis für einen Umzug ins Ausland: Danach wird der fiktive Wertzuwachs einer sogenannten wesentlichen Beteiligung (≥ 1 %) an einer Kapitalgesellschaft besteuert, wenn man mindestens zehn Jahre in Deutschland unbeschränkt steuer­pflichtig gewesen ist und seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt.

Zwar gibt es für den Wegzug ins EU-Ausland und für Personen mit Rückkehrabsicht umfangreiche Stundungsregelungen, jedoch sind diese mit ebenso umfangreichen Melde- und Anzeigepflichten verbunden. Zudem bleibt das Gefühl, ständig ein Damoklesschwert über sich schweben zu haben.

Um dieser Steuerlast aus dem Weg zu gehen, erdachte sich ein Kläger vor dem Finanzgericht Schles­wig-Holstein ein geschicktes Manöver: Vor dem Wegzug in die Schweiz schloss er mit seinem Bruder einen sogenannten Wertpapierdarlehensvertrag ab. Nach diesem Vertrag ging das zivilrechtliche (und wirtschaftliche) Eigentum an den Anteilen – im Streitfall waren es Aktien an einer inländischen AG –auf seinen Bruder (Darlehensnehmer) über. Letzterer war berechtigt, frei über die Anteile zu verfügen. Bei Ablauf der Darlehenslaufzeit war er allerdings verpflichtet, dem Darlehensgeber Aktien derselben Menge, Art und Güte (zurück) zu übertragen. Als Gegenleistung für diese Wertpapierleihe musste der Darlehensnehmer eine jährliche Vergütung von 12.000 € zahlen.

Zwar erkannten die norddeutschen Richter an, dass das zivilrechtliche und wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen auf den Bruder des Klägers übergegangen war, allerdings betrachteten sie den Anspruch auf (Rück-)Übertragung der Anteile am Ende der Darlehenslaufzeit als Surrogat für die Anteile, welches ebenfalls der Besteuerung unterlag.

Hinweis: In erster Instanz hat der Kläger nicht gewonnen. Es bleibt aber abzuwarten, wie der Bundesfinanzhof dies beurteilt, dort ist das Verfahren anhängig.

Mehrwertsteuersenkung zum 1. Juli 2020

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Die überraschende Ankündigung der Bundesregierung, die Mehrwertsteuersätze für 6 Monate von
19 auf 16 Prozent bzw. von 7 auf 5 Prozent zu senken, erfreut zwar sicherlich die Verbraucher, Unternehmer werden durch diese kurzfristige Umstellung aber vor gewaltige Herausforderungen gestellt.

Damit Sie sich schnell einen Überblick über die mit der Steueränderung einhergehenden Konsequenzen machen können, haben wir Ihnen anliegend ein Merkblatt mit den wesentlichen Aspekten zusammengestellt. Neben ersten Informationen zur Umstellung Ihres Kassen- und Warenwirtschaftssystems finden Sie darin auch bereits Anhaltspunkte, wie sie mit Gutscheinen umgehen sollten oder was bei Brutto- oder Nettopreisvereinbarungen, beim Umtausch, bei Anzahlungen oder Teilleistungen alles zu beachten ist.

Der Gesetzgeber plant, das Gesetz noch vor Ende des Monats zu verabschieden, so dass die Steuersenkung wie geplant zum 1. Juli 2020 in Kraft treten kann. Daher sind Sie gut beraten, wenn Sie Ihr Rechnungs- und Kassensystem und Ihre Organisationsabläufe zeitnah auf die geänderten Bedingungen anpassen.

Da die Senkung der Steuersätze vom 1. Juli bis 31. Dezember 2020 zeitlich begrenzt sein soll, ergibt sich zum Jahreswechsel ein erneuter Umstellungsbedarf. Daher empfehlen wir Ihnen, sich schon heute darüber Gedanken machen, wie Sie Ihre Preispolitik mittelfristig ausrichten wollen.

Wir freuen uns auf ein Beratungsgespräch mit Ihnen! Sprechen Sie uns an und vereinbaren Sie einen Termin mit uns.

Merkblatt

Merkblatt zur Senkung der Mehrwertsteuersätze