Mandanteninformation Dezember 2017

3. Januar 2018

Häusliches Arbeitszimmer: Bei mehreren Tätigkeiten ist Höchstbetrag von 1.250 € nicht aufzuteilen

Viele Arbeitnehmer verdienen sich durch Nebentätigkeiten etwas Geld hinzu – die Zahl der „Multi­jobber“ steigt in Deutschland seit Jahren an. Nutzt ein Arbeitnehmer sein häusliches Arbeitszimmer für mehrere Jobs, stellt sich schnell die Frage nach der Absetzbarkeit der Raumkosten.

Nach dem Einkommensteuergesetz sind Kosten für häusliche Arbeitszimmer nur dann unbeschränkt als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig, wenn der Raum der Mittelpunkt der gesam­ten beruflichen und betrieblichen Tätigkeit ist. Liegt der Tätigkeitsmittelpunkt woanders, steht dem Steuerzahler für seine Tätigkeit jedoch kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, sind die Raumkosten immerhin beschränkt mit maximal 1.250 € pro Jahr absetzbar. In allen anderen Fällen können die Raumkosten nicht steuermindernd geltend gemacht werden.

Dem Bundesfinanzhof (BFH) lag nun der Fall eines (Vollzeit-)Arbeitnehmers vor, der sein häusliches Arbeitszimmer für seine Angestelltentätigkeit und für seine nebenberufliche schriftstellerische Tätigkeit genutzt hatte. Da der Tätigkeitsmittelpunkt nicht in seinem häuslichen Arbeitszimmer lag, machte der Mann Raumkosten i.H.v. 1.250 € als Betriebsausgaben bei seiner schriftstellerischen Tätigkeit gel­tend. Nachdem das Finanzamt den gesamten Betrag aberkannt hatte, klagte der Mann und erzielte zunächst einen Etappenerfolg: Das Finanzgericht entschied in erster Instanz, dass der Höchstbetrag nach dem zeitlichen Nutzungsumfang auf die beiden Tätigkeiten aufgeteilt werden müsse. Da für den Schriftstellerjob eine 50%ige Nutzung anzunehmen sei, dürften die Raumkosten nur mit maximal 625 € (halber Höchstbetrag) abgesetzt werden. Der Mann ging in Revision und erhielt nun vom BFH in vollem Umfang recht. Nach Ansicht der Bundesrichter müssen die entstandenen Raumkosten zwar zunächst nach den zeitlichen Nutzungsanteilen auf die Tätigkeiten aufgeteilt werden, eine ent­sprechende Aufteilung des Höchstbetrags darf aber nicht erfolgen. Für die vorliegende Konstel­lation, in der für die Angestelltentätigkeit kein Raumkostenabzug möglich ist (kein Tätigkeitsmittelpunkt und vorhandener Alternativarbeitsplatz) und für die selbständige Tätigkeit ein beschränkter Raumkos­tenabzug gilt, darf der Höchstbetrag von 1.250 € komplett bei letzterer Tätigkeit beansprucht werden.

Hinweis: Steht einem Multijobber für beide Tätigkeiten ein beschränkter Raumkostenabzug zu, darf er den Höchstbetrag von 1.250 € allerdings nicht zweifach abziehen.

Brezelverkauf auf Oktoberfest: BFH wendet 7%igen Umsatzsteuersatz an

Gastronomen streiten häufig mit ihren Finanzämtern über die Frage, ob ihre Umsätze dem 7%igen oder dem 19%igen Umsatzsteuersatz unterliegen. Welche Merkmale bei dieser Abgrenzung relevant sind, zeigt ein neues Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH), in dem es um den Verkauf von Brezeln auf dem Oktoberfest ging.

Geklagt hatte ein Gastronom, der in den Jahren 2012 und 2013 mehrere Verkaufsstände in Festzelten auf dem Oktoberfest gepachtet hatte, um von dort Brezeln („Wiesnbrezn“) zu verkaufen. Um seine Ware direkt an die Festzeltbesucher zu bringen, setzte er sogenannte „Breznläufer“ ein, die durch die Reihen des Festzelts gingen. Während der Gastronom seine Umsätze mit 7 % versteuern wollte, wandte sein Finanzamt den 19%igen Steuersatz an und argumentierte, dass ihm die Infrastruktur der Festzeltbetreiber (Zelt mit Biertischgarnituren und Musik) zuzurechnen sei und er deshalb einen (regu­lär zu besteuernden) restaurantähnlichen Umsatz bewirkt habe. Eine ermäßigt zu besteuernde bloße Lieferung von Speisen schloss das Finanzamt wegen der vorhandenen „Verzehrvorrichtungen“ aus.

Der BFH nahm umsatzsteuerrechtlich jedoch eine Lieferung von Backwaren an und gestand dem Gastronomen daher den 7%igen Umsatzsteuersatz zu. Nach Gerichtsmeinung durfte dem Gastro­nomen die Infrastruktur der Bierzelte nicht zugerechnet werden. weil diese den Gastronomie­umsätzen des Festzeltbetreibers diente. Es handelte sich für den klagenden Gastronomen also um fremde Verzehrvorrichtungen, an denen er kein eigenes Mitbenutzungsrecht hatte. Er konnte seinen Kunden keine Sitzplätze im Festzelt zuweisen. Ferner war davon auszugehen, dass die Käufer der Brezeln die Biertischgarnituren nur hatten nutzen können, wenn sie zusätzliche Leistungen des Fest­zeltbetreibers in Anspruch nahmen (z.B. Kauf einer Maß Bier).

Hinweis: Die Urteilsgrundsätze beziehen sich zwar auf die Streitjahre 2012 und 2013, sind aber nach wie vor relevant. Gastronomen können in vergleichbaren Fallkonstellationen demnach eine 7%ige Umsatzversteuerung erreichen.

EuGH-Vorlage zur Umsatzsteuer: Ist die Sollbesteuerung mit dem Unionsrecht vereinbar?

Wenn Unternehmer der sogenannten Sollbesteuerung unterliegen, entsteht die Umsatzsteuer auf ihre Umsätze bereits bei Leistungserbringung, und zwar unabhängig von der Frage, ob sie das Entgelt vom Kunden bereits vereinnahmt haben. Sie müssen die Umsatzsteuer daher vorfinanzieren, wenn der Geldeingang nicht zeitgleich mit der Leistungserbringung erfolgt.

Eine Vermittlerin von Profifußballspielern wollte diesen Umstand nicht hinnehmen und hat gegen die Sollbesteuerung nun den Klageweg beschritten. Sie hatte im Jahr 2012 mehrere Spieler vermittelt; die hierauf entfallenden Provisionsanteile von insgesamt 57.500 € standen ihr vertragsgemäß jedoch erst im Jahr 2015 zu. Die spätere Zahlung setzte zudem voraus, dass der Arbeitsvertrag zwischen Verein und Spielern bis dahin fortbestand.

Das Finanzamt unterwarf die Provisionsforderungen bereits im Jahr 2012 der Umsatzsteuer, sodass die Spielervermittlerin erhebliche Steuerbeträge zahlen sollte, obwohl sie die Provisionszahlungen voraussichtlich erst Jahre später beanspruchen konnte.

Der Bundesfinanzhof hat diese jahrzehntelang geübte Besteuerungspraxis nun angezweifelt. Fraglich erscheint den Bundesrichtern, ob die Sollbesteuerung mit den bindenden Vorgaben des Unionsrechts vereinbar ist. Sie legten dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) daher unter anderem die Frage vor, ob ein Unternehmer verpflichtet ist, die für seine Leistungen geschuldete Steuer für einen Zeitraum von zwei Jahren vorzufinanzieren, wenn er die Vergütung (teilweise) erst zwei Jahre nach Entstehen des Steueranspruchs erhalten kann.

Hinweis: Die EuGH-Vorlage ist von erheblicher Praxisrelevanz und bezieht sich in erster Linie auf bedingte Vergütungsansprüche. Relevant ist das Verfahren aber auch für befristete Zahlungsansprü­che (z.B. beim Ratenverkauf im Einzelhandel) oder für einzelne Formen des Leasings. Auch hier besteht für den leistenden Unternehmer unter dem Regime der Sollbesteuerung die Pflicht, die Um­satzsteuer bereits bei Übergabe der Ware vollständig abzuführen – selbst dann, wenn er einzelne Ratenzahlungen erst über eine Laufzeit von mehreren Jahren vereinnahmen kann.

Verlustuntergang: Ist auch der vollständige Verlustwegfall verfassungswidrig?

Die aktuelle Regelung zum Verlustwegfall soll missbräuchlichen Gestaltungen (sog. Mantelhandel) vorbeugen und enthält zwei Varianten:

§  den anteiligen Verlustuntergang bei einem Erwerb durch eine Person oder eine Erwerbergruppe von mehr als 25 % und bis zu 50 % und

§  den vollständigen Verlustuntergang bei einem Erwerb durch eine Person oder eine Erwerbergruppe von mehr als 50 %.

Dass der anteilige Verlustuntergang verfassungswidrig ist, hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) auf eine Vorlage des Finanzgerichts Hamburg (FG) hin bereits am 29.03.2017 entschieden. Nunmehr nimmt das FG einen zweiten Anlauf, und zwar bezüglich des vollständigen Verlustunter­gangs. Die Richter aus Norddeutschland sind fest von der Verfassungswidrigkeit überzeugt und blicken hoffnungsvoll nach Karlsruhe.

In Bezug auf den anteiligen Verlustuntergang hatten die Richter des BVerfG dem Gesetzgeber die Aufgabe übertragen, die Verfassungswidrigkeit durch eine Gesetzesänderung bis zum 31.12.2018 zu beseitigen – und zwar rückwirkend. Sollte auch der vollständige Verlustuntergang verfassungswidrig sein, erweitern die Richter voraussichtlich diesen Auftrag.

Verfahrensrecht: Antrag auf schlichte Änderung nach Einspruchsentscheidung

Wenn Sie einen Bescheid erhalten, der Fehler zu Ihren Ungunsten enthält, können Sie entweder Ein­spruch einlegen oder einen Antrag auf Änderung stellen. Im Gegensatz zu einem Einspruch gibt es bei einem Antrag auf Änderung keine feste Frist, die Sie einhalten müssen. Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) musste nun entscheiden, ob nach einer Entscheidung über einen Einspruch der gleiche Punkt nochmals Gegenstand eines Antrags auf Änderung sein kann.

Ein Ehepaar machte in seiner Einkommensteuererklärung für 2009 Refinanzierungskosten als Wer­bungskosten bei den sonstigen Einkünften geltend. Vom Finanzamt wurde allerdings nur ein Teil der Kosten berücksichtigt. Daraufhin legte das Ehepaar Einspruch gegen den Bescheid ein, der vom Finanzamt mit Einspruchsentscheidung zurückgewiesen wurde. Hiergegen erhoben die Steuerpflich­tigen keine Klage, sondern stellten lediglich einen Antrag auf Änderung. Darin beantragten sie erneut, die Kosten in vollem Umfang zu berücksichtigen, jedoch ohne neue Tatsachen oder Rechtsansichten vorzutragen. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab mit der Begründung, nach Ergehen einer (Teil-)Ein­spruchsentscheidung käme eine schlichte Änderung nur für Punkte in Betracht, die noch nicht in der Einspruchsentscheidung abschließend gewürdigt worden seien. Das Ehepaar erhob daraufhin Klage.

Das FG gab ihnen jedoch nicht recht. Der Einkommensteuerbescheid kann nicht geändert werden. Zwar ist grundsätzlich eine schlichte Änderung zugunsten des Steuerpflichtigen auch nach dem Er­gehen der Einspruchsentscheidung möglich. Sie muss – wie hier – vor Ablauf der Klagefrist beantragt werden. Allerdings ist der Sinn des Einspruchsverfahrens, dass in ihm grundsätzlich eine abschlie­ßende Prüfung erfolgt. Daher können Tatsachen und Rechtsfragen, über die in der Einspruchsent­scheidung bereits entschieden worden ist, normalerweise nicht in einem Änderungsverfahren erneut geprüft werden. Daher hat das Finanzamt den Änderungsantrag zu Recht abgelehnt. Das Ehepaar hatte in dem Antrag nämlich nur ein Begehren (den Ansatz der Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften) wiederholt, über das schon abschließend entschieden worden war.

Hinweis: Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt. Der Bundesfinanzhof hatte in einer anderen Entscheidung diese Rechtsfrage ohne erkennbaren Grund offengelassen.

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