Wenn Arbeitsparteien ein sogenanntes Zeitwertkonto einrichten, kann der Arbeitnehmer darauf Teile seines fälligen Arbeitslohns „ansparen“, um diesen dann in einer späteren Freistellungsphase – beispielsweise dem vorgezogenen Ruhestand – ausgezahlt zu bekommen.
Die Finanzverwaltung vertritt den steuergünstigen Standpunkt, dass die angesparten Lohnbestandteile i.d.R. erst bei ihrer tatsächlichen Auszahlung in der Freistellungsphase versteuert werden müssen – erst dann gilt der Arbeitslohn steuerlich als zugeflossen. Anders sieht es bei Arbeitnehmern aus, die zugleich als Organ einer Körperschaft bestellt sind (z.B. Vorstandsmitglieder einer AG oder GmbH-Geschäftsführer): Bei ihnen fällt nach Meinung der Finanzverwaltung bereits dann (Lohn-)Steuer an, wenn der fällige Arbeitslohn in der Ansparphase auf dem Zeitwertkonto gutgeschrieben wird.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dieser Sichtweise nun für Fremdgeschäftsführer einer GmbH (die nicht selbst an der Gesellschaft beteiligt sind) widersprochen. Im Urteilsfall hatte ein Geschäftsführer mit seiner GmbH zur Finanzierung seines vorgezogenen Ruhestands vereinbart, dass er auf die Auszahlung laufender Bezüge in Höhe von 6.000 € monatlich verzichtet und diese Lohnbeträge auf einem Zeitwertkonto angespart werden, um in der späteren Freistellungsphase zur Auszahlung zu kommen. Die GmbH führte während der Ansparphase keine Lohnsteuer auf die angesparten Bezüge ab. Das Finanzamt vertrat jedoch den Standpunkt, dass bereits bei der Ansparung ein Zufluss von Arbeitslohn vorgelegen habe, sodass Lohnsteuer anfalle.
Der BFH gab dem Geschäftsführer recht und urteilte, dass dieser bei Gutschrift auf dem Zeitwertkonto noch keine Lohnauszahlung erhalten habe und über die Gutschriften in der Ansparphase auch noch nicht habe verfügen können. Die getroffene Vereinbarung sei auch keine Vorausverfügung des Geschäftsführers über seinen Arbeitslohn gewesen, die den Zufluss bereits bei Gutschrift bewirkt hätte. Der BFH widerspricht der Sichtweise der Finanzverwaltung und verweist darauf, dass Fremdgeschäftsführer einer Kapitalgesellschaft wie alle anderen Arbeitnehmer zu behandeln seien. Die bloße Organstellung als Geschäftsführer sei für den Zufluss von Arbeitslohn ohne Bedeutung.
Der BFH weist weiter darauf hin, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung lediglich bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern einer Kapitalgesellschaft eine Ausnahme mache. Bei ihnen wird angenommen, dass sie über eine von der Gesellschaft geschuldete Vergütung bereits zum Zeitpunkt der Fälligkeit verfügen können und ihnen damit entsprechende Einnahmen zugeflossen sind.
Hinweis: Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung ihre Rechtsauffassung zum Lohnzufluss in der Ansparphase nun zumindest im Hinblick auf Fremdgeschäftsführer aufgeben wird.
Im Ausland ansässige Personen, die in Deutschland über keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort verfügen, hierzulande aber steuerbare Einkünfte erzielen, können auf Antrag der fiktiven unbeschränkten Steuerpflicht unterfallen. Diese sogenannte Grenzpendlerbesteuerung steht ihnen allerdings nur offen,
Für diesen Personenkreis kann nach dem Einkommensteuergesetz u.a. ein Anspruch auf Kindergeld bestehen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun entschieden, dass gewerblich tätige Grenzpendler diesen Anspruch für diejenigen Monate haben, in denen sie hierzulande tatsächlich gewerblich tätig waren.
Geklagt hatte ein Mann, der mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Polen lebte und monatsweise in Deutschland in der Baubranche gewerblich tätig war. Auf Antrag wurde er vom deutschen Finanzamt als fiktiv unbeschränkt Steuerpflichtiger behandelt. Für seine im Mai und Juni 2012 absolvierten Arbeitseinsätze in Deutschland erfolgte die Bezahlung im August 2012. Die deutsche Familienkasse gewährte ihm Kindergeld nur für die Monate, in denen ihm Einnahmen aus Deutschland zugeflossen waren. Demgegenüber vertrat der Vater den Standpunkt, dass sich die Kindergeldberechtigung nicht nach dem Zuflusszeitpunkt der Einnahmen, sondern nach den tatsächlichen Tätigkeitsmonaten in Deutschland richten müsse.
Der BFH gab dem Mann recht und verwies darauf, dass der Kindergeldanspruch bei einer Anknüpfung an den Zeitpunkt des Geldzuflusses von bloßen Zufälligkeiten und selbstgewählten Gestaltungen abhänge. Es komme für den Anspruch dann u.a. darauf an, wann der Gewerbetreibende seine Rechnungen schreibe, zu wann er Teilzahlungen, Vorschüsse oder Abschläge vereinbare und wann seine Auftraggeber zahlungswillig seien. Auf den Zuflusszeitpunkt von Einnahmen darf es nach Gerichtsmeinung aber nicht ankommen. Entscheidend müsse bei Gewerbetreibenden vielmehr sein, in welchen Monaten sie ihre inländische Tätigkeit ausgeübt hätten.
Hinweis: Bei Saisonarbeitnehmern hatte der BFH für den Kindergeldanspruch bisher auf die Zeiträume mit Lohnzufluss abgestellt. Ob an dieser Rechtsprechung festgehalten wird, ließ der BFH im vorliegenden Verfahren ausdrücklich offen, weil er sich nur auf Gewerbetreibende beziehen musste.
Handwerkerleistungen im Privathaushalt können mit 20 % der Lohnkosten, maximal 1.200 € pro Jahr, von der tariflichen Einkommensteuer abgezogen werden. Bereits 2014 hatte der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass private Auftraggeber auch Handwerkerleistungen abziehen können, die jenseits der eigenen Grundstücksgrenzen auf öffentlichem Grund erbracht werden. Voraussetzung hierfür ist aber, dass die Leistungen
Konkret anerkannt hatte der BFH damals Handwerkerlöhne, die für den nachträglichen Anschluss eines Privatgrundstücks an das Wasserverteilungsnetz angefallen waren (Hauswasseranschlusskosten). Nach Gerichtsmeinung muss der gesetzliche Begriff „im Haushalt“ nicht streng räumlich, sondern eher funktional ausgelegt werden.
In einem neuen Urteilsfall hat der BFH die Grenzen der Absetzbarkeit von Handwerkerleistungen nun erneut ausgeleuchtet und entschieden, dass gezahlte Baukostenzuschüsse für öffentliche Mischwasserleitungen nicht als Handwerkerleistungen abziehbar sind. Geklagt hatten Eheleute, deren Haus im Jahr 2011 an die zentrale Kläranlage angeschlossen worden war. Zuvor hatten sie ihr Abwasser über eine eigene Sickergrube entsorgt. Der Abwasserzweckverband hatte für den Bau der erforderlichen Mischwasserleitung, die zum öffentlichen Sammelnetz gehörte, einen Baukostenzuschuss erhoben, den die Eheleute anteilig als Handwerkerleistung in der Einkommensteuererklärung geltend machten.
Der BFH lehnte einen Kostenabzug jedoch ab und verwies darauf, dass der erforderliche räumlich-funktionale Zusammenhang zum Haushalt fehle, da die Kosten für die Neuverlegung einer öffentlichen Mischwasserleitung angefallen waren. Ein solcher Ausbau des allgemeinen Versorgungsnetzes komme nicht nur einzelnen Grundstückseigentümern, sondern allen Nutzern des Versorgungsnetzes zugute. Der Ausbau wurde mithin nicht „im Haushalt“ erbracht.
Hinweis: Nach der BFH-Rechtsprechung muss also
unterschieden werden, ob eine Baumaßnahme das öffentliche Sammelnetz (= nicht
steuerbegünstigt) oder den eigentlichen Haus- oder Grundstücksanschluss (=
steuerbegünstigt) betrifft.
Einzelunternehmern und Personengesellschaften steht bei der Berechnung der Gewerbesteuer ein Freibetrag von 24.500 € pro Jahr zu, den das Finanzamt vom erzielten Gewerbeertrag abzieht.
Hinweis: Der danach verbleibende Gewerbeertrag wird mit der Steuermesszahl von 3,5 % multipliziert, sodass sich der Gewerbesteuermessbetrag ergibt. Auf diesen wendet die zuständige Gemeinde schließlich ihren Gewerbesteuerhebesatz an – Ergebnis ist die zu zahlende Gewerbesteuer.
Inwieweit der Gewerbesteuer-Freibetrag bei einem unterjährigen Wechsel der Steuerschuldnerschaft beansprucht werden kann, veranschaulicht ein neues Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH). Im zugrunde liegenden Fall hatten zwei Gesellschafter eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) betrieben. Nachdem ein Gesellschafter zum 31.05.2009 aus der GbR ausgeschieden war, führte der verbleibende Gesellschafter den Gewerbebetrieb als Einzelunternehmen fort.
Das Finanzamt ging davon aus, dass der im Jahr 2009 erzielte Gewerbeertrag der GbR i.H.v. 25.300 € nur um einen zeitanteiligen Freibetrag von 10.208 € (5/12 von 24.500 €) gemindert werden durfte, sodass sich letztlich ein Gewerbesteuermessbetrag von 528 € (3,5 % von 15.092 €) ergab. Der 2009 erzielte Gewerbeertrag von 2.900 € des ab Juni fortgeführten Einzelunternehmens war laut Finanzamt nur um einen Freibetrag von 2.900 € zu mindern.
Hinweis: Die Sichtweise des Finanzamts führte dazu, dass auf das ganze Jahr gesehen nur ein Freibetrag von 13.108 € (10.208 € + 2.900 €) in Abzug gebracht wurde.
Der
verbliebene Gesellschafter ging gegen diese Berechnungsweise gerichtlich vor
und erzielte nun einen Prozesserfolg: Der BFH urteilte, dass das Finanzamt
zunächst einmal den Gewerbeertrag des
gesamten Jahres zusammenrechnen und hiervon dann den vollen Freibetrag von 24.500 € abziehen müsse. Der sich so
ergebende Gewerbesteuermessbetrag sei dann im Verhältnis der beiden
(Einzel-)Gewerbeerträge auf den verbleibenden Gesellschafter als
GbR-Gesamtrechtsnachfolger zum einen und als Einzelunternehmer zum anderen
aufzuteilen.
Unternehmer, deren Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr die Grenze von 17.500 € nicht überschritten hat und die im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich die Umsatzgrenze von 50.000 € nicht überschreiten, werden umsatzsteuerlich als „Kleinunternehmer“ eingestuft, sodass das Finanzamt bei ihnen keine Umsatzsteuer erhebt.
Bei Wiederverkäufern (z.B. Gebrauchtwagenhändlern), die der Differenzbesteuerung unterliegen, richtet sich der „Gesamtumsatz“ im Sinne der Kleinunternehmerregelung nach Ansicht der Finanzverwaltung nach dem vereinnahmten Entgelt und nicht nach dem Differenzbetrag zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis.
Hinweis: Bei der Differenzbesteuerung wird die Umsatzsteuer – wie der Name schon sagt – nur für die Differenz zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis berechnet.
Ein Gebrauchtwagenhändler mit Differenzbesteuerung ist gegen die Sichtweise der Finanzverwaltung nun gerichtlich vorgegangen. Seine Jahresumsätze betrugen – bei Zugrundelegung der vereinnahmten Entgelte – 27.358 € (2009) und 25.115 € (2010), sodass sein Finanzamt die Wertgrenzen der Kleinunternehmerregelung als überschritten ansah und eine Einordnung als Kleinunternehmer ablehnte. Der Händler hingegen war der Ansicht, dass auf seine niedrigere Handelsspanne (= Differenzbetrag zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis) von 17.328 € (2009) und 17.470 € (2010) abzustellen sei, weshalb er als Kleinunternehmer gelte und keine Umsatzsteuer schulde.
Der Fall gelangte bis vor den Bundesfinanzhof (BFH), der nun dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt hat, ob bei der Prüfung der Wertgrenzen der Kleinunternehmerregelung in Fällen der Differenzbesteuerung lediglich die (niedrigeren) Handelsspannen maßgeblich sind.
Hinweis: Das Verfahren ist von erheblicher Bedeutung für die Umsatzbesteuerung in der Gebrauchtwagenbranche. Im Vorlagebeschluss lässt der BFH durchscheinen, dass er selbst auf die Handelsspanne abstellen würde. Der Ausgang des Verfahrens bleibt abzuwarten – entsprechende gleichgelagerte Fälle können vorerst mit einem Einspruch offengehalten werden.
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.